Die Silhouette der Schwarzkiefern-Gruppe entspreche genau dem "Goldenen Schnitt", so Ursula Wedel. Zeichnung: Wedel Foto: Schwarzwälder-Bote

Böllat: Ursula Wedel appelliert an das Regierungspräsidium: "Das Biotop zu zerstören ist überflüssig"

"Unantastbar" sind – nicht nur – nach Ansicht von Ursula Wedel die Schwarzkiefern am Böllat, die das Regierungspräsidium Tübingen fällen lassen will, um das "Graufilzige Sonnenröschen" zu vermehren. Die Burgfeldenerin ist schockiert.

Albstadt-Burgfelden. "Um das Graufilzige Sonnenröschen zu schützen, soll der Böllat seiner Krone beraubt werden" – für Ursula Wedel ist das ein Skandal. Seit 50 Jahren lebt sie in Burgfelden und schaut gerne hinüber zu jener Baumgruppe, "die den Böllat", den Hausberg der Burgfeldener, "so einzigartig macht".

Das Graufilzige Sonnenröschen gedeihe in Symbiose mit den Kiefern, sagt Wedel, "und es wächst am und auf dem Böllatfelsen auf steinigem Grund in Felsritzen. Im Osten stehen die Schwarzkiefern, die diese Ecke wohl eher vor den eisigen Ostwinden schützen, als dass sie mit ihrem Schatten den Pflanzen die Sonne wegnehmen".

"Was macht eigentlich die Symbiose aus?" Auch darüber hat sich die Naturfreundin Gedanken gemacht, die sich in guter Gesellschaft befindet, denn auch die Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins setzt sich mit aller Kraft für den Erhalt der Schwarzkiefern ein. "Ist es der eiweißreiche Blütenstaub, der die Pflänzchen düngt, wenn der Ostwind die Wipfel zaust und es Kiefernpollen regnet? Sind es Mikroorganismen oder Gase?" In jedem Fall ist Ursula Wedel sicher: "Pflanzen bilden Gemeinschaften und kommunizieren miteinander."

Im kargen Fels wüchsen die Schwarzkiefern sehr langsam, vergleichbar mit Bonsais, hat sie beobachtet. "Diese Schwarzkiefern an einem so exponierten Standort sind stark. Sie trutzen jedem Wetter, jedem Sturm, und bieten Schutz. Sie stabilisieren die Wand und schützen den Grund vor Erdrutschen." Selbst dem Orkan "Lothar" zu Weihnachten 1999 hätten sie standgehalten, obwohl er in Burgfelden einige Dächer abgedeckt und in Baden-Württemberg ganze Wälder "flach gelegt" habe.

"Dieses fantastische Naturdenkmal ist ein unregelmäßiges Viereck, oben leicht gerundet", beschreibt Ursula Wedel die Silhouette der Bäume. "Verlängert man die ›Dachschrägen‹, erhält man am höchsten Punkt einen rechten Winkel. Das Lot teilt die Grundlinie im Verhältnis zwei zu drei – die Proportionen des ›Goldenen Schnittes‹" – ihre Herkunft aus der Künstlerfamilie von Friedrich Wedel und Edith Wedel-Kükenthal kann Ursula Wedel nicht verleugnen. "Diese Proportion ist das Geheimnis der großen Meister", betont sie, "was dieser Baumgruppe gottgegeben ist."

Blicke man von Schwarzwaldhöhen gen Osten, sei die Alb ein lang gezogenes, ziemlich eintöniges blaues Band in der Abendsonne, so Wedel. "Aber den Böllat erkennt man. Es ist der weiße Fels in Verbindung mit der unverwechselbaren Silhouette der Baumgruppe, die den Böllat deutlich hervorhebt." Dort sei Burgfelden, dort sei sie daheim: "Wir identifizieren uns mit dem Berg und mit den Bäumen", betont Ursula Wedel, die diese sogar als "Geschwister" bezeichnet.

Den kleinsten Teil der Einheit schützen – aber den Rest ignorieren?

Was die Pläne des Regierungspräsidiums angeht, sei es "realitätsfern, den kleinsten Bruchteil einer Einheit zu schützen und die komplexe Biodiversität zu ignorieren", betont sie mit Blick auf das Ansinnen, die Bäume zu entfernen, um der seltenen Bodenpflanze mehr Licht zu verschaffen. "Nichts, aber auch gar nichts – weder biologisch noch geologisch oder ökologisch – rechtfertigt das Entfernen der Bäume. Ein Biotop wird zerstört, das vertraute Landschaftsbild wird zerstört und ein Wahrzeichen ausgelöscht." Solch eine Maßnahme sei "unverhältnismäßig, überflüssig, ohne Nutzen".

Das "Graufilzige Sonnenröschen" sei "selten und unscheinbar", die Schwarzkieferngruppe aber einmalig, weithin sichtbar, prägend für das Landschaftsbild und den Menschen, die am Fuß des Berges lebten, "tief im Herzen verankert".

Für die Burgfeldenerin steht fest, dass das "Graufilzige Sonnenröschen" die Bäume brauche – "sonst wäre es nicht da". Und sie hofft nicht nur auf zahlreiche Mitstreiter, die sich gegen die Tübinger Pläne wehren, sondern auch auf ein Umdenken in der oberen Naturschutzbehörde. Wenn erst einmal Fakten geschaffen seien, sei es schließlich zu spät, betont Ursula Wedel. Bäume wie diese brauchten schließlich viele Jahrzehnte, um wieder so groß und schön zu werden.