Ein schönes Paar: Aschenputtel und ihr Prinz haben sich gefunden. Foto: Schwarzwälder-Bote

Märchenmusical: Vertontes "Aschenputtel" kommt im Thalia-Theater gut an

Aschenputtel oder Cinderella? Egal. Die vom Bochumer Tourneetheater "Liberi" dargebotene Musicalfassung des Märchenklassikers hat im Tailfinger Thalia-Theater viele junge Zuschauer und -hörer verzaubert.

Albstadt-Tailfingen. Die Schlechten ins Kröpfchen, die Guten ins Töpfchen: Das Märchen der Gebrüder Grimm gehört zu den berühmtesten und populärsten Stoffen der Film-, Fernseh- und Theatergeschichte. Walt Disney hat sich seiner ebenso angenommen wie die zu ihrer Zeit stilbildenden tschechischen Märchenfilmer. Mit ihnen tritt in Konkurrenz, wer das Märchen vom armen, drangsalierten Mädchen, dass einen Prinzen heiratet, erneut inszeniert.

Zweifellos kein leichtes Unterfangen – das Theater "Liberi", auf Stücke für Kinder spezialisiert, löste die Aufgabe aber mit Bravour und begeisterte die kleinen und großen Märchenfreunde mit einer flotten und entstaubten Musicalversion, die so nah am Original blieb, dass jeder blitzschnell mittendrin war in der rasanten Geschichte um Liebe, Freundschaft und Unterdrückung. Die Melodien von Christoph Kloppenburg und Christian Becker gingen sofort ins Ohr; schade war allenfalls, dass etliche Sessel im Saal leer geblieben waren – trotz Vorweihnachtszeit, in der Märchen traditionell ihren Platz haben. Möglicherweise lag es ja am Nachmittagsunterricht.

Zarte Romantik ja, überbordender Kitsch nein – der Spagat gelang den sechs Liberi-Schauspielern überzeugend. Alle Akteure hatten mehrere Rollen zu bewältigten und wechselten scheinbar mühelos hin und her. Besonders pfiffig: die modular aufgebaute Kulisse mit Dreh- und Wendemöglichkeiten sowie die aufwendigen Spezialeffekte mit Glitzer und Nebel. Auch die Kostümbildner hatten ganze Arbeit geleistet; vor allem die Mädchen im Saal waren verzückt angesichts der reich bestickten, schillernden Ballroben.

Über allem stand die herrausragende Leistung des Ensembles – schauspielerisch, gesanglich und tänzerisch. Leah Bukatsch verkörperte das gutmütige Aschenputtel glaubhaft und mit entwaffnender Fröhlichkeit; ihr zur Seite stand als schöner Kontrast Elisa Pape, die gute Fee mit dem überschäumenden Temperament. Sie ist es, die dem mitunter verträumten Aschenputtels stets zur richtigen Zeit einen kleinen Schubs verpasst, ganz ohne mahnenden Zeigefinger.

Wunderschön auch, dass die Protagonisten dieser Bühnenversion deutlich mehr Profil aufwiesen als die im Original. Der König, dargestellt von Stefan Peters, gibt sich alles andere als königlich hochmütig, sondern im Gegenteil weltoffen, der Prinz (Markus Peters) hat eine ausgesprochen selbstironische Ader, und die Stiefmutter, brillant gespielt von Isabel Flössel, entschuldigt sich im furiosen Ballfinale sogar für ihr Untaten – was für eine schönes Signal an die Adresse der kleinen Theaterfreunde! Mit diebischer Freude verfolgte das Publikum zudem, wie Aschenputtels Halbschwester Greta (Mareike Heyen) der bösen Stiefmutter solidarisch Paroli bot. Am Ende siegte also auf ganzer Linie das Gute – ein Erlebnis für die ganze Familie.