Sven Stuhrmann (vorne Mitte) ist derzeit mit seinen Kollegen bei Freunden in South Carolina. Mit dabei sind auch Natalie Wurster aus Reutlingen sowie die Deutsche Lara Schöllhorn. Foto: Stuhrmann

Albstädter bringt sich in South Carolina in Sicherheit. Ohmächtig im Angesicht der Katastrophe.

Albstadt/Sarasota - Die beste Nachricht aus Florida in diesen Tagen: Sven Stuhrmann hat den Hurrikan "Irma" gut überstanden. Von Sarasota an der Südspitze des Sonnenschein-Staates hat er sich nach South Carolina in Sicherheit gebracht.

Weiße Sandstrände, Palmen und Urlaub sind das, was man gemeinhin mit Florida verbindet. Doch in diesen Tagen sieht das idyllische Paradies ganz anders aus. Mittlerweile ist Hurrikan "Irma" über Florida hinweggezogen, doch was jetzt folgt, ist viel Arbeit, Wiederaufbau und Normalisierung.

Als ich in den Nachrichten gesehen hatte, dass sich über dem Atlantik ein mächtiger Hurrikan formt, war klar, dass ich mich in Sicherheit bringen werde. Es war schwer vorauszusagen, welche Richtung das zerstörerische Unwetter einschlagen würde, deshalb schien mir nach Norden zu fahren die beste Option.

Da ich nicht nur für mich, sondern als Teil des Leitungsteams auch für rund 20 Mitarbeiter verantwortlich bin, planten wir und konnten schließlich zwei Autos füllen, um nach Clemson in South Carolina zu fahren. Möbel sicherten wir, lagerten sie auf Tischen und brachten alles in Sicherheit, sollte das Haus überflutet werden.

Es war ein seltsames Gefühl, entscheiden zu müssen, was man mit sich nimmt und was man hinter sich lässt. Mit einem Handgepäck und den wichtigsten Papieren machte ich mich dann mit weiteren Mitarbeitern auf die eigentlich neun Stunden dauernde Fahrt von Sarasota nach Clemson. An den Tankstellen in Florida entlang des Highway gab es kein Benzin mehr, Supermärkte hatten kein Trinkwasser, keine Lebensmittel in Dosen oder Batterien mehr im Angebot. Mir kam das Ganze vor wir eine schlechte Filmszene.

Ein paar Extra-Dollar – und plötzlich gibt es doch noch Benzin

Weil wir an einer Tankstelle ein paar Extra-Dollar bezahlten, durften wir unser Auto betanken, um in den nächsten Bundesstaat weiterreisen zu können. Letztlich waren wir 18 Stunden unterwegs und kamen um 6.30 Uhr morgens in Clemson an, wo wir von meinen Freunden in Empfang genommen wurden.

Die Berichte aus Sarasota, der Küstenstadt im Süden Floridas, in der ich lebe und arbeite, waren erschreckend real. Elektrizität ist allein im westlich gelegenen Gebiet Tampa Bay für über eine Million Menschen nicht verfügbar. Im tropischen Wetter bedeutet das auch, dass Klimaanlagen nicht funktionieren, was oft unerträgliche Temperaturen bedeutet. Straßen sind überflutet, Bäume entwurzelt, viele Stromleitungen sind irreparabel beschädigt und müssen ersetzt werden.

Schwere Entscheidung: Was ist wirklich wichtig und was nicht?

Obwohl wir uns auf das Allerschlimmste vorbereitet hatten, sind wir dankbar, dass der Hurrikan "Irma" die Westküste Floridas nicht mit der Windstärke erreicht hat, die wir erwartet hatten. Wenn ich auf die vergangenen zwei Tage zurückschaue, ist mir neu bewusst, wie ohnmächtig wir im Hinblick auf Wettereinflüsse sind. Festlegen zu müssen, was einem wichtig ist und was nicht, ist nicht die einfachste aller Entscheidungen. Doch ich bin bei all dem dankbar, dass Freunde ihr Haus zur Verfügung stellten, um meine Mitarbeiter und mich in Sicherheit bringen zu können.

Ausmaß der Sturmschäden zeigt sich erst in kommenden Tagen

In Clemson warten wir jetzt, bis der nach unten gestufte tropische Sturm vorüberzieht und wir dann sicher nach Sarasota zurückkehren können. Die wirklichen Ausmaße von Hurrikan "Irma" zeigen sich wohl erst in den kommenden Tagen. In jedem Fall wissen wir, dass die Behörden vorbildlich zusammengearbeitet haben, im ganzen Staat kostenloses Internet zur Verfügung gestellt und auch die Maut aufgehoben wurde, sodass alle reibungslos fliehen konnten, wenn sie wollten.

Sven Stuhrmann, der heute seinen 25. Geburtstag feiert, stammt aus Albstadt, war Schülersprecher der Hauptschule Pfeffingen und der Hohenbergschule. Nach seiner Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher im Haus Nazareth besuchte er die Jüngerschaftsschule von "Jugend mit einer Mission" bei Dresden, war für sie als Lehrer in Thailand tätig und arbeitet nun in Sarasota im Südden Floridas für die internationale Missionsgesellschaft "Youth with a Mission", seit kurzem auch für die Jugendzeitschrift "Spießer" sowie für TED, eine Organisation, die weltweit Tagungen und Konferenzen organisiert, bei denen Menschen innovative Ideen vorstellen. Als Schüler hat Stuhrmann ein Praktikum beim Schwarzwälder Boten absolviert und nach der Wahl Donald Trumps aus Florida berichtet.