Ortsvorsteher Peter Landenberger (links) und Baubürgermeister Udo Hollauer haben einen unterschiedlichen Blick auf die Dinge. Foto: Eyrich

Ortschaftsrat Laufen übt heftige Kritik an neuem Beschlussvorschlag. Stadt will Leitung durch den Ort legen.

Albstadt-Laufen - Der Laufener Ortschaftsrat hat gestern den Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung, die 110-Kilovolt-Freileitung durch ein innerorts verlaufendes Erdkabel zu ersetzen, zurückgewiesen. Die Laufener bestehen auf einer Trasse außerhalb des bewohnten Gebiets.

Wobei die nördlich der Ortschaft im Wald verlaufende Freileitung, die lange von den Laufenern und der Stadtverwaltung favorisiert wurde, nicht als Alternative in Betracht kommt – das Regierungspräsidium verweigert dieser Lösung nach wie vor die Zustimmung, zum einen wegen des Naturschutzes, zum anderen, weil sie keine "energiewirtschaftliche Notwendigkeit" für diese Trassenverlegung zu erkennen vermag. Es gibt auch keine; die Notwendigkeit, auf welche die Laufener sich berufen, ist anderer Art.

Ein weiteres Hindernis, dass dieser Variante entgegensteht: Sie wird vom Regierungspräsidium als Neutrassierung angesehen, und diese erfordert ein Raumordnungs- und ein Planfeststellungsverfahren. Das würde Geld und vor allem Zeit kosten; die EnBW lehnt die Variante deshalb ab – und die sogenannte Kombi-Lösung mit einigen neuen Masten und einer partiellen Erdverkabelung, die im Sommer kurzzeitig im Gespräch war, ebenso. Denn auch in diesem Fall würde neu trassiert, und deshalb wäre das Raumordnungsverfahren unumgänglich.

Ohne die EnBW aber geht nichts; nach Einschätzung der Stadt sitzt sie rechtlich am längeren Hebel. Deshalb, so die Schlussfolgerung der Verwaltung, bleibe nur die Wahl zwischen der vollständigen Erdverkabelung, die weder Raumordnungs- noch Planfeststellungsverfahren erfordert, und dem Status Quo. Die Mehrkosten der Erdverkabelung müsste die Stadt Albstadt tragen; ihre Höhe hängt vom Trassenverlauf ab: Wird das Kabel um den Ort verlegt – das ist die "Variante A" –, kostet es nach Schätzung der Stadt zusätzliche 3,1 Millionen Euro; wird es durch den Ort – "Variante B" – verlegt, wären es nur 2,57 Millionen. In beiden Fällen, so die Stadt, müssten Kredite aufgenommen werden – sie plädiert für die billigere Variante.

Die kommt jedoch für die Laufener nicht in Betracht. Denn das elektromagnetische Feld der Hochspannungsleitung wird auch vom Erdreich nicht vollständig abgeschirmt; laut Angaben der Stadt bliebe eine Reststrahlung von ein bis zwei Mikrotesla – die der bestehenden Freileitung ist etwa drei bis viermal so hoch. Der Schweizer Grenzwert, auf den die Laufener "Traufgangstromer" verweisen, beträgt ein Mikrotesla, der deutsche laut Baubürgermeister Udo Hollauer 100 Mikrotesla. Die Stromer und der Ortschaftsrat fordern jedoch eine Lösung, die den schweizer Wert nicht überschreitet.

Außerdem lehnen sie den Vorschlag der Stadt, die von der bestehenden Freileitung betroffenen Bürger mögen doch einen freiwilligen Beitrag zur Finanzierung der Erdverkabelung leisten, kategorisch ab.

In der zweieinhalbstündigen Diskussion wurde gestern viel um Begriffe gestritten. Zudem sieht sich der Ortschaftsrat überfahren: Am Freitag sei ihm der Beschlussvorschlag der Verwaltung für eine Erdverkabelung im Ort, durch die Scheibenbühlstraße und damit in der Nähe von Schule und Kindergarten, zugestellt worden, monierte Ortsvorsteher Peter Landenberger. Die Zeit sei zu knapp gewesen, sich mit diesem neuen Standpunkt der Stadt auseinander zu setzen.

Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow wies auf die Gefahr hin, dass der Gemeinderat die Variante A ablehnen könnte – aus Kostengründen, und um keinen Präzedenzfall zu schaffen, wie Stadtrat Uli Metzger hinzufügte.

Einstimmig entschied sich das Gremium deshalb für einen Kombi-Antrag von Wolfgang Bolkart und Willi Beilharz: Befürworten die Stadträte Variante B, wird ein Vermittlungsausschuss – bestehend aus Gneveckow und Landenberger sowie je drei Ortschafts- und Gemeinderäten – angerufen. Stimmen die Stadträte für Variante A, will sich der Ortschaftsrat aus Eigenverfügungsmitteln an den Kosten beteiligen: mit einmalig 50 000 Euro und zehn Jahre lang mit je 5000 Euro – macht 100 000 Euro im Ganzen. Die "Jahrhundert-Chance", wie Willi Beilharz die Verlegung nannte, sei das Wert, meinen sie (wir werden noch berichten).