Menschen räumen mit bloßen Händen die Trümmer auf. Foto: Schwarzwälder-Bote

Leidenschaftlicher Wanderer Alfred Müller berichtet über Katastrophe. "Längsten Minuten meines Lebens".

Zollernalbkreis - Vieles ist zerstört: Das Erdbeben in Nepal kostete viele Nepalesen ihr Zuhause und so manchen auch das Leben. Der Lautlinger Alfred Müller hatte Glück. Denn er hat die Katastrophe überlebt.

Es ist Samstag, 25. April, gegen 11.45 Uhr, als die Erde zu beben beginnt. Der Lautlinger Alfred Müller befindet sich zu diesem Zeitpunkt in Kakani, einem kleinem Bergdorf in Nepal. Der leidenschaftliche Wanderer hat sich für heute eine Mountainbiketour vorgenommen. Was als nächstes passiert, damit habe keiner gerechnet, sagt er. Die "Lodge", ein nepalesisches Gasthaus, erzittert. "Man kam sich vor, wie auf einem Wasserbett", berichtet Müller.

Sein Blick wanderte zu den Einheimischen, die in der Küche standen. Plötzlich liefen diese auf die Straße. Es seien einige Schrecksekunden vergangen, bis er begriffen hatte, was vorging – ein Erdbeben. Der nächste Gedanke, der ihm durch den Kopf geschossen sei, war "raus hier!". Die Menschen seien alle auf einen kleinen Hügel nahe des Dorfs gelaufen. Dort blieben sie die nächsten anderthalb Stunden. Das Erdbeben habe zwar nur zweieinhalb Minuten gedauert, erreichte jedoch eine Stärke von 7,9 auf der Richterskala. "Diese zweineinhalb Minuten waren elendslang", erinnert sich Müller.

Wissenschaftler haben schon länger mit einem Erdbeben gerechnet, erklärt er. Das habe ihn jedoch nicht von seiner Reise abgehalten. Auf seinen Trekking-Touren durch das nepalesische Gebirge habe er schon viel gesehen. So beispielsweise den Kanchenjunga, Annapurna und den Everest.

Während er von seinen Erlebnissen aus Nepal erzählt, zeigt er immer wieder Bilder, die er dort geknipst hat. Er lächelt und betont, wie faszierend er das Land finde.

"Ich habe Glück gehabt", sagt Müller. Denn kurzfristig habe er seine Wanderpläne aufgrund des schlechten Wetters geändert, und sei so zum Zeitpunkt des Erdbebens nicht im Hochgebirge gewesen. Das Erdbeben setzte kurze Zeit später auch das Strom- und Mobilfunknetz außer Betrieb, sodass der Kontakt zu seinem Bruder in Deutschland abgebrochen sei – etwa zwei Tage lang herrschte Funkstille. Erst Montag, 27. April, am Stuttgarter Flughafen sahen sich die beiden zum ersten Mal wieder. Auf gut Glück sei sein Bruder zum Landeplatz gefahren.

Es war nicht seine erste Reise nach Nepal. Bereits 1989 war er zum Himalaya geflogen. "Heute ist Nepal meine zweite Heimat", sagt er.

Allerdings habe diese Katastrophe seine Spuren bei ihm hinterlassen. "Ich weiss noch nicht, ob ich gleich nächstes Jahr wieder hinfliegen werde", erklärt er. Sechs der acht Berge, die über 8000 Meter hoch sind, habe er schon gesehen. "Der Reiz" sei da, auch noch eine Wanderung zum Malacu und zum Cho Oyu zu machen. Aber die Unsicherheit sei seit dem Tag gewachsen.