Martin Luther wandelte über das Fest. Foto: Bender

Reformationsfest in Albstadt mit Musikprogramm. Onstmettinger Pfarrer: "Luther nicht auf einen Sockel stellen"

Albstadt - "Staunen – Entdecken – Jubeln" – unter diesem Motto haben die evangelischen Kirchengemeinden Albstadts am Sonntag das Reformationsfest gefeiert.

"Ein feste Burg ist unser Gott" – kaum ein Choral hätte besser als Eingangsmusik gepasst, als das bekannte Kirchenlied von Martin Luther, mit welchem die Albstädter Posaunenchöre unter der Leitung von Bezirksposaunenwart Jürgen Stengel den Festgottesdienst äußerst feierlich eröffneten.

Und genauso festlich sollte der Tag, der mit einem Gottesdienst in der Ebinger Martinskirche begann, auch weitergehen. Die Schriftlesung wurde von einem erhebenden Halleluja-Ruf aus den Kehlen des Ebinger Kantors Steffen Mark Schwarz und der Chöre der evangelischen Kirchengemeinden Albstadts umrahmt, während Nikolai Ott aus Tübingen die schöne Kirchenorgel erklingen ließ.

Genauso erhebend auch die Predigt, gefasst in zwei Teile. Pfarrer Philippus Maier aus Onstmettingen ging auf die Kernaussage Luthers ein, dass "wir Menschen erlöst sind durch die Gnade Gottes, frei von der Ungewissheit, ob es reicht, was wir tun". Und seine Kollegin Marlies Haist aus Ebingen zählte zehn Gründe auf, weshalb es 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers immer noch Grund zum Feiern gebe, wie Bildung, Berufung, singende Gemeinde und Freiheit und Verantwortung. Dennoch wolle man Martin Luther nicht auf einen Sockel stellen, denn er selbst wollte stets "Christus alleine die Ehre geben".

Den Glauben mutig bekennen, den Mund aufmachen – Martin Luther hatte vor 500 Jahren den Mut dazu. Und es fanden sich am Sonntag auch drei mutige Konfirmanden aus drei Ebinger Kirchengemeinden, die aus ihrer Sicht erläuterten, weshalb es Grund zum Staunen, Entdecken und Jubeln gebe. Wiltrud Müller von der Jugendkirche Ebingen ließ die Jugend zu Wort kommen. Und so sprachen Finn, Christoph und Jonathan davon, dass es seit der Reformation "fröhlicher und lebendiger im Gottesdienst zugeht", dass die Musik an Bedeutung gewonnen habe, die Menschen Zugang zu Bildung erhielten und vor allem, dass man zur Vergebung der Sünden keine Ablassbriefe kaufen müsse, sondern sich der Liebe und Güte Gottes in jedem Fall gewiss sein dürfe.

Dem Volk aufs Maul schauen – das machte Martin Luther ganz bewusst. Und genauso ließ es sich auch für das weitere Fest formulieren. In der Fußgängerzone wartete der Musikverein Onstmettingen, um musikalisch dem Festzug der großen Gemeinde voranzumarschieren. Hinüber zur Festhalle und dem Festzelt. Und dort traf sich das Volk und kam ins Gespräch. Vertreter aus Kirche, wie der evangelische Dekan Beatus Widmann und sein katholischer Amtskollege Anton Bock sowie zahlreiche Pfarrer. Vertreter aus der Politik, wie Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß und Oberbürgermeister Klaus Konzelmann. Vertreter aus der polnischen Partnergemeinde Lublin und viele andere Festgäste. Eben eine große, bunte Gemeinschaft.

Nach dem Kindergottesdienst ging es mit dem Kinderprogramm "Meet and greet Martin Luther" in der Realschule weiter. In der Festhalle wechselten sich auf der Bühne evangelische Kindergärten und Chöre mit ihren Auftritten ab. Im Festzelt spielten Musikvereine weltliches Liedgut, während die Posaunenchöre eine "musikalische Reise durchs Kirchenjahr" erklingen ließen. Da dieses bekanntlich mit dem Advent beginnt, wunderte sich wohl so mancher Anwohner, plötzlich "Tochter Zion" mitten im Sommer zu hören. Es war ein buntes Treiben, ein schönes Miteinander. Im Lucas Cranach-Atelier durften die Pinsel geschwungen werden und bei der Selfie-Wand spielte man Martin und Käthe Luther.

Ach ja, Martin Luther höchst selbst wandelte durch die Menschenmenge und schaute dem Volk aufs Maul, während sich dieses Lutherbier, Schmalzbrot und andere Leckereien schmecken ließ. Bis es gegen späten Nachmittag hieß: "Nun danket alle Gott."