Pop-Konzert: Lea-Katharina Scherl knüpft neue musikalische Freundschaften vor größtmöglichem Publikum im Kunst-Werk-Haus

Albstadt-Ebingen. Fans von Lea-Katharina Scherl haben zwei Probleme. Nummer eins: Bei den Konzerten der 17-Jährigen wird es eng, richtig eng. So wie beim jüngsten im Kunst-Werk-Haus, wo Lothar Stawinoga und Uta Schenk gehörig Mühe hatten, sich mit dem Bestellten ihren Weg durch die Menge zu bahnen bis zu jenen, die selbst im Flur ausharrten, um zu lauschen. Wäre es nicht höchste Zeit für große Hallen? Dass die Ebingerin da ganz anderer Meinung ist und lieber auf dem Teppich bleibt, gehört zu den vielen Eigenschaften, die sie so sympathisch machen.

Problem Nummer zwei: Langsam gehen den Fans die Superlative aus bei der Beschreibung dessen, was sie gehört haben. "Scheiße, war das geil!" Wenn ein sonst eher dezenter Typ wie Percussionist Eric Faude sich mit derlei Worten nach dem Konzert zitieren lässt, dann spricht das Bände.

Die Grippewelle hat etwas dagegen

Was ihn und die Sängerin angeht, so war der Samstagabend der Beginn einer wunderbaren musikalischen Freundschaft – Faude jedenfalls will wieder mitmachen im Trio "Weitblick", das üblicherweise Martin Wäschle komplettiert. Die Grippewelle hatte etwas dagegen – wie gut, dass Joe Rodriguez, das Multitalent mit der Reibeisenstimme, auch so gerne mit Lea-Katharina Scherl spielt und kurzfristig in die Tasten griff.

So bekamen die Zuhörer von ganz jung bis ganz reif einen Mix aus einigen Hits von Andreas Bourani und Sarah Connor bis hin zu etwas weniger bekannten Songs zu hören, der zu Superlativen provozieren musste, bot er der Sängerin doch Gelegenheit, die Aussage ihrer Gesangslehrerin von der Musik- und Kunstschule Albstadt zu verifizieren: Lisa Livingston weiß nicht recht, was sie Lea Scherl noch beibringen soll, und tatsächlich wird die Luft über ihr dünn.

"Derniere danse" von Indila erinnert an den Auftritt der damals 13-Jährigen bei einer Ausstellungseröffnung mit Gästen aus der Partnerstadt Chambéry, als alle sich überrascht anblickten und sich zu fragen schienen: "Wen haben die Chambérianer denn da Nettes mitgebracht?" Welche Ironie, dass sie – vier Jahre später ist aus dem Rohdiamanten ein Juwel geworden – von "Imperfections" singt im Song "All of me" von John Legend, wo sie doch jeden Ton in Perfektion trifft, hält, zelebriert und selbst auskostet wie ein Stück guter Schokolade auf der Zunge.

Eine Malerin der Klangfarben

Wie eine Malerin mischt sie mal dunkle, mal helle Farben in ihre klare Stimme, begleitet sich dabei selbst auf ihrer Gitarre, und hat zwei Musiker an der Seite, die auf wundervolle Weise mitmischen: Eric Faude – kurzzeitig unterstützt von seinem jungen Sohn Anton – lässt es mit Cajon, Percussion und kleinen Glöckchen sanft Rhythmen regnen; Joe Rodriguez bleibt – ganz entgegen seiner Art – mit weichem Pianospiel und seiner Stimme im Hintergrund, ist dennoch – oder gerade deshalb – die ideale Ergänzung.

Manche der Fans – ältere, treue und ganz frischgebackene – lauschen mit geschlossenen Augen, geben kurzzeitig der Versuchung nach, mitzusingen, und schweigen dann doch lieber, um zuzuhören. Das möchte man tun bis zum Weltuntergang, den Lothar Stawinoga auf den 20. Januar datiert. Wenn er schon am 21. Dezember 2012 ausgeblieben sei, meint der Kunst-Werk-Haus-Vorsitzende – beim Amtsantritt Donald Trumps werde er vielleicht kommen, und das wollen sie im "Bistro Alte Backstube" zum Anlass nehmen, wieder eng zusammenzurücken.

Was, wenn tatsächlich aller Tage Abend wird? Die Fans von Lea-Katharina Scherl und "Weitblick" dürfte es nicht allzu hart treffen, sofern die Engel im Himmel auch so schön singen können wie die 17-Jährige, die ihr Publikum mit einer passenden Zugabe beschenkt: Leonard Cohens "Hallelujah". Diese Version seines wohl schönsten Liedes hätte dem Meister zu Lebzeiten ein Problem beschert – das Problem mit den Superlativen. Das Problem mit der Enge löst sich am Samstag, 28. Januar, ab 18.30 Uhr, denn beim "Spo(r)tlight" des TSV Ebingen singt Lea-Katharina Scherl in einer Halle: der großen Ebinger Festhalle.