Wer nicht so viele Muskeln mit sich herum trägt, hat Vorteile beim Hangeln. Foto: Schwarzwälder-Bote

Hindernisrennen: René Boss bei EM unter besten acht Prozent

Von Karina Eyrich

Sein bisher härtestes Hindernisrennen hat René Boss vom Geko-Racing-Team des Turnvereins Onstmettingen bei der Europameisterschaft in den Niederlanden absolviert – nun hat er neue Ziele.

Albstadt-Onstmettingen/Nijmegen. "Im Nationaltrikot laufen" – René Boss hofft, dass dieser Wunsch irgendwann in Erfüllung geht. Bei der Europameisterschaft im niederländischen Nijmegen ist der Läufer aus dem Geko-Racing-Team des TV Onstmettingen noch in dessen Trikot gestartet – dafür aber im Elitefeld, als einer von 161 Läufern.

Dass er sich in seiner Altersklasse für die EM bereits beim jüngsten "Getting Tough"-Rennen im thüringischen Rudolstadt qualifiziert hatte, war Boss zuerst gar nicht bewusst. Um so besser, dass er sich durch seinen fünften Platz beim "Braveheart Battle" in der Rhön die Eintrittskarte für das Elitefeld gesichert hat.

Längere Strecken spielen ihm in die Karten

Das heißt nicht umsonst so. Zwar war die Strecke nur 15 Kilometer lang – ein Klacks für den Dauerläufer, dem längere Strecken "schon in die Karten spielen", wie er sagt. Doch die Hindernisse hatten es in sich. Geschafft hat Boss – anders als der Großteil der Teilnehmer – alle bis auf eines und sich dadurch zehn Minuten Zeitstrafe eingehandelt, was seine Zeit auf zwei Stunden, drei Minuten und neun Sekunden schraubte. Ein großartiger 49. Platz war der Lohn.

In Zehner-Blöcken waren die EM-Teilnehmer gestartet, mussten gleich mal eine 2,40 Meter hohe Wand überwinden und sich dann über das "Eventgelände" kämpfen: auf Türme, in einer Halfpipe, auf Gerüste und an Seilen hochklettern – teils sogar um ein Hindernis herum. Wie Tarzan an hängenden Bügeln schwingen und mit Hand oder Fuß eine Glocke betätigen. 25-Kilo-Säcke einen Anstieg hochtragen. Traktorreifen wälzen. Aneinander gebundene Holzstämme ziehen. Über und unter Rundhölzern durchklettern. An Seilen oder – eine holländische Spezialität – an festgeschraubten Holzschuhen entlang hangeln. Über Netze oder Seile klettern und balancieren. Das Rennen in einem Flüsschen, das Schwimmen in einem See und das Rutschen in denselben über eine elf Meter hohe, steile Rutsche waren bei gut 20 Grad Außentemperatur und bewölktem Wetter da noch am angenehmsten.

Weil Boss einmal umgeknickt war, musste er bei einem Hindernis, an dem viel Kraft und Gefühl im Fuß gefragt waren, passen, hat aber dennoch allen Grund, stolz auf seine Leistung zu sein: "In Deutschland gib es kein Rennen mit annähernd so schweren Hindernissen", berichtet der erfahrene Läufer.

Geübt hat er an der heimischen Pergola

Zu seiner guten Platzierung im ersten Drittel des Elitefelds und im vordersten Zwölftel des gesamten Felds – rund 600 Teilnehmer starteten insgesamt – hat Boss auch seine drahtige Figur verholfen: "Je mehr Muskeln man hat, desto mehr Energie verbraucht man, und gerade beim Hangeln kommt es vor allem auf Technik an." Letzteres hat der Onstmettinger zu Hause geübt: ganz pragmatisch an der Pergola. Am Start versucht René Boss dann, das Kopfkino auszuschalten und "einfach los zu laufen. Wenn man die ganze Zeit daran denkt, was noch alles kommt..." – nicht auszuhalten.

Die Unterstützung bei der EM war erstklassig: Seine Eltern und seine drei Geschwister standen an der Strecke und feuerten den Onstmettinger an, der es schade findet, nicht im Nationaltrikot starten zu können. Anders als in den Benelux-Staaten gibt es in Deutschland noch keinen Verband für "Obstacle Course Racing", also extremen Hindernislauf. "Für 2017 sind acht Rennen in Deutschland in einer Art Bundesliga-Wertung geplant", doch an der Gründung eines Bundesverbands werde noch gearbeitet.

Für die nächste EM will Boss sich aber möglichst noch 2016 qualifizieren: Beim "Getting Tough"-Rennen am 4. Dezember in Rudolstadt. Dort werden Schlamm, Matsch, Wasser und Luft dann wieder viel, viel kälter sein als in Nijmegen.