Hatten Spaß und transportierten Wissen mit Spaß: Rudolf Loder, Samuel und Simon Brodbeck, Tu Chi Nguyen und Walter Hower beim TEDx in der Albfactory. Foto: Fischer Foto: Schwarzwälder-Bote

Vier Redner halten bei "TEDxAlbstadt" Vorträge über Wahrscheinlichkeit, Lego, die Erinnerung und Kinderarbeit

Von Judith Fischer

Albstadt-Ebingen. Neue Ideen inspirieren und begeistern, wie der Vortragsabend "TEDxAlbstadt" in der Albfactory gezeigt hat. Die Regel: Jeder der vier Redner hatte nur 18 Minuten Zeit für seine Botschaft.Das weltweit angewandte TEDx-Prinzip hat Gastgeber Simon Brodbeck mit Hilfe eines Video vorgestellt: TEDx präsentiert interessante Menschen und lässt sie zu den unterschiedlichsten Themen sprechen – allerdings nicht zu lange. In der Kürze liegt die Würze.

Den Anfang machte Walter Hower, Professor an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, mit seiner Frage "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, und wie wahrscheinlich kann Raten sein?". Der Antwort nähert er sich auf dem Weg über eine andere Frage: Kann man zwei unendlich große Mengen miteinander vergleichen? Man kann, erfuhr das Publikum, das am Ende mit einer seriösen Variante des klassischen Hütchenspiels konfrontiert wurde: Drei Schachteln liegen auf dem Tisch, unter welcher ist der Gegenstand? Die Schachtel, die Hower umdrehte, war leer – und die Wahrscheinlichkeit, beim nächsten Mal richtig zu raten, dennoch kein bisschen größer geworden.

Der nächste Beitrag wurde auf Englisch vorgetragen – Tu Chi Nguyen, ehemals Mitarbeiterin der Weltbank und heute Doktorandin in Genf, ist in Vietnam groß geworden und schilderte eine "Kindheit ohne Lego". Wobei gar nicht viel von Vietnam, sondern vor allem von Lego die Rede war. Tu Chi Nguyen hat Lego als Kind nie vermisst – sie kannte es gar nicht und spielte stattdessen mit Papierfliegern.

Zerstörung funktioniertauch konstruktiv

Aber im nachhinein findet sie schon, dass Lego eine sinnvolle Sache sei – oder zumindest gewesen sei, ehe die komplizierten "Star-Wars"- und Düsenklipperbausätze auf den Markt kamen, die keinen Raum mehr für kindliche Kreativität ließen. Inzwischen hätten sich die Dänen aber wieder auf den Wert des einfachen Bausteins besonnen.

Nguyens Resümee: Manchmal muss man komplizierte Konstruktionen einreißen, um zu sich zurückzufinden – ein Hoch auf die "kreative Zerstörung".

"Kann man Erinnerungen löschen?", wollte Diplom-Informatiker und Coach Samuel Brodbeck wissen – und frage, warum das Gehirn, der vorgebliche Supercomputer, so vergesslich sei? Zur Erklärung bemühte er das Bild vom Einberg: Zehn Prozent befänden sich über dem Wasser – das sei der Teil unseres Gehirns, der bewusst denke; der Rest sei Unterbewusstsein. Beweise bitte! Brodbeck berichtete von einer Frau, die sich in Hypnose an ihre Kindheit erinnert und eine Seite aus "Alice im Wunderland" rezitiert habe, die ihr viele Jahre zuvor ihrer Mutter vorgelesen hatte. Sogar die Seitenzahl hatte sie sich gemerkt, aber nur unterbewusst – als sie aus der Hypnose erwachte, war die Erinnerung wieder weg. Authentisch war sie dennoch – die Seite gab es wirklich.

Aber warum sind 90 Prozent der Erinnerungen unzugänglich? Weil das Gehirn filtern müsse, um der Fülle Herr zu werden, sagt Brodbeck. Das habe auch sein Gutes: "Wir haben künstlerische Freiheit in unseren eigenen Gedanken".

Letzter Redner war Rudolf Loder, der auf 80 Jahre alten Strickmaschinen Wäsche herstellt, für die Liebhaber viel Geld bezahlen. Er hat vor Jahren in Bangladesch produziert – und auch gelebt. Kinderarbeit war – und ist – dort gang und gäbe, in Familien, die im Schnitt sieben bis zwölf Kinder haben, müsse jeder seinen Beitrag zum Unterhalt leisten. Auch Loder beschäftigte Kinder ab zwölf Jahren – und ist sich sicher, dass sich in punkto Kinderarbeit im "Textilexportland Nummer eins" so bald nichts ändern wird.

Fazit: Wer sich Denkanstöße wünscht, Appetithappen, die nicht übersättigen, der ist im TEDx genau richtig. Folgt eine Fortsetzung? Man darf gespannt sein.