Isabel Jetter (links) und Jessica Herfort von der Narrenzunft Runkelriabaweible entreißen in Margrethausen Ortsvorsteher Peter Katona den Rathausschlüssel. Foto: Eyrich

Am Schmotzigen befreien nicht nur die Kübele-Hannes ihre Ortsamtschefin von der Amtsbürde.

Albstadt - Die aufgewecktesten Narren in ganz Baden-Württemberg gibt es in Albstadt. Genauer: in Lautlingen. Am Schmotzigen Donnerstag befreiten aber nicht nur die Kübele-Hannes ihre Ortsamtschefin von der Amtsbürde.

"Wir haben das Maximum herausgeholt", freut sich Heiko Peter Melle. Der Zunftmeister der "Kübele Hannes" war mit seiner Narrenzunft gestern schon kurz nach 6 Uhr live im Radio zu hören – drei Minuten lang hat der SWR vom Hemdglonker-Umzug berichtet, und noch einmal um 8 Uhr in den Nachrichten.

So konnte sich also ganz Baden-Württemberg davon überzeugen, dass es in Albstadt besonders aufgeweckte Narren gibt. Und was den Kübele Hannes recht ist, das ist den Runkelriabaweible in Margrethausen billig: Auch sie versammelten sich schon lange vor 11.11 Uhr in ihrem Zunftstüble, um sich mit Weißwurst und Brezeln für eine kleine Revolution zu stärken. Ortsvorsteher Peter Katona musste den Schlüssel für das Ortsamt herausrücken, der diesmal nicht aus Teig gebacken war wie früher üblich. Dafür hatte Katona leckere kleine Schlüsselchen aus der Backstube seiner Frau Elisabeth mitgebracht, die reißenden Absatz fanden.

Nächste Station: Tailfingen. Dort war das Technische Rathaus leichte Beute für die Gesellschaft Schmiechataler, denn der Hausherr, Baubürgermeister Udo Hollauer, hat eine natürliche Affinität zur Fasnet: Seine Frau Giuseppina, die aus Stetten am kalten Markt kommt und dort der Bockzunft angehört, hat ihren Mann und die beiden Töchter längst mit dem Fasnetsfieber angesteckt. Hollauer war folgerichtig ebenfalls als "Böckle" verkleidet, als er den Rathausschlüssel an Gerhard Blumenstetter von den Schmiechatalern überreichte.

Ein Bock in Tailfingen – eine "Gärtnerin" in Lautlingen. "Ortsrumsteherin" Juliane Gärtner war nicht bereit, sich ohne weiteres zu ergeben. Gemeinsam mussten die Kübele Hannes – begleitet von der Guggamusik der Gassamöggis und abgefeuert von den Rufen der Runkelriabaweible – die zierliche Ortsamtschefin aus dem Haus tragen. Vor der Schloss-Scheuer zwang Zunftmeister Melle sie, den närrischen Eid zu leisten, und raufte sich danach mit ihr um den Schlüssel.

In Ebingen stürmten die Narren der Zünfte Schlossbergturm, Alt-Ebinga und Schalksburghexen – fast – pünktlich um 11.11 Uhr das Rathaus. Die vierjährige Nachwuchs-Schalksburghexe Joana schnitt Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow den gestreiften Schlips ab, und dann las ihm Alt-Ebinga-Zunftfürst Matthias Schwarz die Leviten: Dass der amtsenthobene und internierte OB es wage, sich im Straßberger Exil Orden verleihen zu lassen, sei schon gewaltig dreist. Aber die Narren sind ja kulant: Gneveckow erhielt Ausgang – aber nicht zu lang.

Vor dem Rathaus wurden die Honoratioren bereits vom närrischen Fußvolk, Zaungästen und einer Schar von Oststadtschülern erwartet. Schlossbergturm-Zunftmeister Günter Mogdans stellte den OB als "Hausmeister" und Bürgermeister Anton Reger als dessen Gehilfen vor; anschließend erinnerte Mogdans in gereimter Rede an die jüngsten Vorstöße des Landkreises in Sachen Talgangbahn und die diesbezügliche Skepsis des Gemeinderats. Mogdans Empfehlung: "Ladet doch Heiner Geißler als Schlichter ein!" Weitere Vorschläge: eine ICE-Verbindung zwischen Onstmettingen und Ebingen mit Liegesitzen und Bistrowagen. "Die Tickets müssen natürlich kostenlos sein." Mit dem "Gangnam-Style"-Tanz der Schulkinder endete der Rathaussturm.