War im Herbst ein Vierteljahr lang in Afghanistan und gestern im Lautlinger Bistro "Pinselstrich": Dirk Egger. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Dirk Egger schildert seine Eindrücke aus dreieinhalb Monaten in Afghanistan

Von Beatrix Müller

Albstadt-Lautlingen. Dreieinhalb Monate lang war Dirk Egger aus Meßstetten, vormaliger FDP-Landtagskandidat, im Einsatz in Afghanistan. Jetzt hielt der 38-jährige Offizier auf Einladung der Albstädter FDP einen Diavortrag über das "Land im Umbruch".

Egger hatte von Ende August bis November einer Planungssektion im ISAF-Hauptquartier in Kabul angehört. In seinem Bericht ging er intensiv auf Land und Leute, die politische Situation und gesellschaftliche Veränderungen ein – er berichtete aber auch über die Sicherheitslage und die Ängste, mit denen er und seine Kameraden klarkommen mussten und die sie in Gesprächen zu verarbeiteten suchten.

Die Furcht von Anschlägen sei allgegenwärtig; beispielsweise müsse man auf dem "Highway One", der gut ausgebauten Hauptverkehrsader des Landes, immer wieder damit rechnen, Opfer eines Überfalls oder Selbstmordattentats zu werden. Sprengsätze würden unter dem Asphalt, an verschiedensten Vehikeln und sogar an Eseln angebracht. Eggers Zuhörer im Lautlinger "Pinselstrich" erfuhren, dass das Haqqani-Netzwerk die Taliban haushoch an Brutalität und Skrupellosigkeit überbiete – amerikanische Geheimdienstler hätten einen mit 30 Tonnen Sprengstoff bestückten Lastwagen aufgespürt; wäre diese Masse detoniert, dann hätte es zahllose Tote gegeben. Egger wusste auch von einer steigenden Zahl von "Insider-Threats" zu berichten – die Terroristen erhielten vielfach Unterstützung von Unzufriedenen auf der anderen Seite.

Als teilweise problematisch beurteilt Egger manche Hilfsprojekte, für welche die internationale Gemeinschaft ausländische Firmen engagiere. Die brächten nicht selten eigenes Personal ins Land, und die Einheimischen blieben außen vor. Als uneingeschränkt positiv stuft der Meßstetter FDP-Chef die Investitionen in Bildung ein. Anders als früher könnten auch Mädchen die Schule besuchen; die Kehrseite der Medaille sei allerdings die Schwierigkeit, diese Jugend, die neue Perspektiven kennengelernt habe, im Land zu halten. Gleichwohl sei Bildung "Afghanistans einzige Chance". Was soll nun aus Afghanistan werden? Eggers Einschätzung ist ambivalent: Die Angst in der Bevölkerung vor dem, was nach dem Abzug der ISAF-Truppen kommen werde, sei groß, die Spannungen zwischen den 30 verschiedenen Ethnien des Landes eine schwere Hypothek und die Wirtschaftslage prekär – Afghanistan zähle zu den ärmsten Ländern der Welt, die durchschnittliche Lebenserwartung betrage 44 Jahre und Zweidrittel der Bevölkerung seien Bauern, die nicht zuletzt vom Mohnanbau lebten. Unter diesen Umständen seien eine hundertprozentige Stabilität und Sicherheit illusorisch. Andererseits würden die Afghanen immer eigenständiger und übernähmen mehr Sicherheitsverantwortung – es gebe durchaus Anlass zur Hoffnung.

Und Deutschland? Müsse weiter helfen, meint Egger, und sich mit zivilen Mitteln am Prozess der Befriedung beteiligen – aber auch dafür Sorge tragen, dass künftig mehr Geld direkt bei den Menschen ankomme.