Heinrich und Susanne Burkhart aus Ebingen sind vor wenigen Tagen nach Neuseeland ausgewandert

Von Martin Kistner

Albstadt-Ebingen. Alte Bäume kann man nicht mehr umpflanzen – von wegen! Heinrich und Susanne Burkhart haben in der vergangenen Woche ihre Zelte in Ebingen abgebrochen und sind nach Neuseeland ausgewandert.

Gerade mal ein Vierteljahr ist es her, dass er, eher unfreiwillig, ins Rampenlicht geriet: Beim Jubiläum der von engagierten Damen dominierten Kräuterkasteninitiative war er der einzige Mann auf der Bühne im Hof – die Mitstreiterinnen billigten ihm wohlwollend eine tragende Rolle im Verein zu: die Getränkekästen tragende nämlich.

Jetzt müssen sie sich dafür einen anderen suchen: Seit Samstag befindet sich Heinrich Burkhart auf der anderen Seite des Globus, 30 Flugstunden entfernt vom Kräuterkasten. Seine Frau und er sind im Zuge einer Familienzusammenführung der besonderen Art nach Wellington, der Hauptstadt von Neuseeland gezogen, wo ihr Sohn Benjamin mit seiner Familie lebt. Die Anlage zum Zugvogel liegt offenbar in der Familie; Burkhart junior, ein studierter Informatiker hat seine Frau, eine Japanerin, während des Auslandssemesters im indischen Bangalore kennengelernt und ist später mit ihr nach Neuseeland ausgewandert – die Option für den fünften Kontinent scheint bei europäisch-asiatischen Paaren keine ganz unübliche zu sein. Heinrich Burkhart kann sich noch lebhaft an die Hochzeit erinnern, bei der er ein Rede auf Japanisch hielt – ob er eine gute Figur dabei machte, weiß er nicht; kein Japaner wäre so unhöflich, "Nein" zu sagen. "Sie haben sich jedenfalls gefreut."

Einmal waren die Ebinger Burkharts schon in Neusseeland; das ist fünf Jahre her. In den drei Monaten, die sie dort verbrachten, haben sie offensichtlich positive Eindrücke gewonnen: Ihr zweiter Sohn lebt in Berlin, aber augenscheinlich fanden die Burkharts den Umzug in die neuseeländische Hauptstadt naheliegender als in die deutsche – wenn man bei 18 600 Kilometern Entfernung von "naheliegend" reden kann.

Vom bürokratischen Aufwand ganz zu schweigen: Zweieinhalb Jahre hat das Projekt Auswanderung in Anspruch genommen; die Burkharts mussten zahllose amtliche Dokumente einschließlich ihrer Geburtsurkunden ins Englische übersetzen lassen, sie mussten belegen, dass sie eine Rente beziehen, die über Neuseelands gesetzlichem Mindesteinkommen liegt, und ihr Sohn musste sich bereit erklären, fünf Jahre lang dafür zu bürgen, dass sie dem neuseeländischen Staat nicht auf der Tasche liegen. Englische Sprachkenntnisse waren ebenfalls nachzuweisen; man konnte zwischen einem Sprachtest in der alten und in der neuen Heimat wählen. Anders als seine Frau hat Heinrich Burkhart die Prüfung schon hinter sich gebracht – irgendwo ist er doch Schwabe und der Test in Neuseeland dreimal so teuer wie der in Europa.

Jetzt sind sie also in Wellington. Zunächst nur mit dem Koffer; der Umzugscontainer wird erst im November eintreffen. Heinrich und Susanne Burkhart werden in ihren eigenen vier Wänden außerhalb der Großstadt wohnen; den Hauskauf haben sie mit dem Erlös ihres Ebinger Domizils finanziert.

Die Brandung kann nicht hoch genug sein

Was werden sie denn lieben langen Tag tun? Da gibt es Möglichkeiten en masse: Wandern im "Native Forest", der so ganz anders ist als der deutsche Wald, Gemüse im eigenen Garten ziehen, Babysitten – die Schwiegertochter freut sich, sie hat die Burkharts schon fest eingeplant – und Strandspaziergänge. Susanne Burkhart kann die Brandung gar nicht hoch genug sein.

Aber werden sie nicht doch irgendetwas vermissen? Weiße Weihnachten? "Nein, Bescherung geht auch in der Badehose", sagt Heinrich Burkhart, "eher schon die Galerie. Ums Kulturangebot müssen wir uns jetzt wohl selber kümmern." Die Voraussetzungen sind ja da: Mit Susanne Burkhart verlieren der Tailfinger Zitherclub und das Landeshackbrettorchester eine profilierte Musikerin und die Fachzeitschrift eine wichtige Mitarbeiterin. Wer weiß? Wenn das Zitherspiel in den nächsten Jahren einen unverhofften Boom in Neuseeland erlebt, sollte sich in Albstadt keiner darüber wundern.