Beim Stammtisch "Handicap" sprechen die Teilnehmer über ihre chronischen Erkrankungen. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Selbsthilfe: Der Stammtisch "Handicap" verhilft chronisch Kranken zu Gemeinsamkeit und Ansprache

Von Beatrix Müller

"Gemeinsam das Leben wieder genießen" – so lautet das Motto und die Maxime des Albstädter Stammtisches "Handicap" für Menschen mit chronischen Erkrankungen, den Manuela Martin aus der Taufe gehoben hat.

Albstadt. Manuela Martin leidet seit Jahren unter Ganzkörper-Schmerzen – am Anfang war eine schwere Arthrose gestanden, dann kamen die Folgen einer Lungenembolie hinzu, und schließlich wurde auch noch Fibromyalgie diagnostiziert.

Das Problem, dass einerseits der allgegenwärtige Schmerz das ganze Dasein dominiert und eine Lebensplanung kaum noch zulässt, andererseits das Umfeld die Leiden eines Menschen, der oft nicht auf den ersten Blick den Eindruck macht, krank zu sein, nur schwer nachzuvollziehen vermag, kennt sie aus eigener Erfahrung nur zu gut. Und so beschloss sie, Menschen, denen es genauso geht und die diese Erfahrung ebenfalls gemacht haben, ohne sie wirklich kommunizieren zu können, zusammenzubringen – an einem "Stammtisch". Ihr Ziel: Menschen, deren Leben sich aufgrund einer chronischen Krankheit von heute auf morgen grundlegend verändert hat, das Gefühl zu geben, "nicht allein zu sein".

Das ist ihr gelungen. Vier Treffen haben mittlerweile stattgefunden und waren gut besucht – mit jedem Mal kamen mehr Betroffene aus dem gesamten Landkreis, die froh waren, sich über ihre Krankheiten austauschen zu können und vor allem ein Gefühl des Zusammenhalts zu verspüren. Alle Stammtischmitglieder – die Jüngste ist 24 Jahre jung – leiden unter chronischen Schmerzen oder Krankheiten, beispielsweise den bleibenden Nachwirkungen eines Schlaganfalls, Fibromyalgie, Arthrose, Niereninsuffizienz oder der unter dem Namen "Hashimoto" bekannten chronischen Schilddrüsenentzündung. Im normalen Berufsalltag können sie nicht mehr mithalten, in einigen Fällen haben sich sogar die bisherigen "normalen" Freunde zurückgezogen – die Erfahrung, dass sich mit dem Ausbruch der Krankheit der Freundes- und Bekanntenkreis geändert hat, teilen fast alle.

Umso wichtiger sind da Gleichgesinnte, die einem glauben, die einen verstehen, die zuhören können. Am Stammtisch verfliegt die Angst vor der Vereinsamung: Man fragt einander nach dem Befinden, man fühlt sich angenommen und erfährt, dass man seinerseits für andere wichtig ist. Man isst gemeinsam, Ratschläge in Sachen Schmerztherapie, aber auch zur Alltagsbewältigung und zum Umgang mit Formalitäten werden ausgetauscht. Es wird aber nicht nur über Krankheiten gesprochen, sondern auch über ganz "normale" Themen – und mit der Zeit entstehen Freundschaften.

Derzeit sitzen alle noch an einem Tisch; in der Zukunft könnten sich auf Wunsch die einzelnen Krankheitsbilder zu Einzelgruppen formieren. Auch Ausflüge stehen auf der Agenda und eine gemeinsame Weihnachtsfeier. Das nächste Treffen findet am Samstag, 25. Juni, im Nägelehaus in Onstmettingen statt. Beginn ist um 16 Uhr; Neuzugänge aller Altersstufen sind willkommen.

Weitere Informationen: E-Mail: st-handicap@web.de