Katrin Göring-Eckardts Aussagen haben Andreas Laibs Verbundenheit zu Bündnis‘90/Die Grünen nicht gerade gestärkt. Foto: Fischer

Fraktionschef im Gemeinderat Albstadt tritt nach Ukraine-Krise aus seiner Partei aus. Auf allen Ebenen herrscht Eigeninteresse vor.

Albstadt-Ebingen - Weltpolitik hat auch im Lokalen mancherlei Auswirkung – sogar auf Personalien. Wie im Fall des Grünen-Fraktionschefs im Gemeinderat Albstadt, der nach der Ukraine-Krise aus seiner Partei ausgetreten ist.

Im Jahr 2001 ist Andreas Laib als überzeugter Grüner auf der Liste von Bündnis ‘90/Die Grünen für den scheidenden Stadtrat Albert Reyer in den Gemeinderat nachgerückt. Seine damalige Kandidatur stand unter dem Motto "Bewahrung der Schöpfung" – für den evangelischen Christen, im Brotberuf Diakon, nach wie vor ein regional stimmiges und wichtiges Thema. Zwischenzeitlich ist er aus der Bundespartei ausgetreten; geblieben ist dennoch sein Engagement für Albstadt.

Ausschlaggebend war die Ukraine-Krise im vergangenen Jahr, im Besonderen das Verhalten der Nato und der EU. Einige Aussagen von Grünen-Politikern schockierten Andreas Laib. Als "entlarvendes" Beispiel bringt der Diakon die Aussage von Katrin Göring-Eckardt, die behauptete, die Grünen seien nie eine pazifistische Partei gewesen. Diese Aussage veranlasste den 45-Jährigen nach sechsmonatiger Bedenkzeit zum Austritt aus der Bundespartei. Zwischenzeitlich sind für ihn die Nachrichten im Fernsehen tabu, lieber sieht Laib Nachrichten-Satire-Magazine wie "Die Anstalt" im ZDF oder von Volker Pispers auf WDR und 3Sat. In Übereinstimmung mit Pispers ist der Fraktionsvorsitzende im Albstädter Gemeinderat der Meinung, Politiker seien zuweilen beliebig austauschbar, denn manchen gehe es überhaupt nicht um die Menschen. Als Indiz nennt er die Verflechtung von Politik und Wirtschaft. Mittlerweile ist er überzeugt, "bewegen" lasse sich ausschließlich etwas auf kommunalpolitischer Ebene.

Mit seiner Entscheidung hat Andreas Laib Albstadts Grüne überrascht, ist aber auch auf Verständnis gestoßen. Mit seiner Fraktion setzt er sich im Gemeinderat dafür ein, dass keine neuen Baugebiete mehr ausgewiesen werden, zumal genügend Bauland vorhanden ist – für ihn der richtige Weg, um Ressourcen zu sichern. Da tue Albstadt gut daran, sich zu begrenzen – nicht nur aufgrund schwindender Gelder, sondern um die Innenstädte auch wieder attraktiver und vor allem bewohnbarer zu machen und somit mit Leben zu füllen, betont Laib. Genau dies aber mache der eingeschlagene Weg zunichte.

Auf allen Ebenen herrscht Eigeninteresse vor

Enttäuscht ist er sowohl von der Kreis- als auch von der Landespolitik, auf beiden Ebenen sei keine vernünftige Politik möglich, weil vorwiegend im Eigeninteresse gehandelt werde. Dass man zwischenzeitlich auf Anfragen nicht einmal mehr Antworten bekomme, tue ein Übriges, ergänzt Laib.

Dass es bei dem einen oder anderen zu Politikverdrossenheit gekommen ist, kann Andreas Laib daher sehr gut verstehen. Nichtsdestotrotz macht es ihm Spaß, sich vor Ort zu engagieren, wie nun aktuell in der Debatte zum Erhalt des Krankenhauses. Eine Entscheidung gegen Albstadt würde nach seiner Ansicht vor allem dem Landkreis schaden, weil dann die Menschen aus dem Raum Albstadt das Krankenhaus Sigmaringen aufsuchen würden. Der Grund: die schnellere Verkehrsanbindung – nicht nur der derzeitigen Baustellen zwischen Albstadt und Balingen wegen.