Gelegentlich vertauscht der Nikolaus den Hirtenstab auch mit der Gitarre – das Gepolter liegt Heldemar Paul ohnehin nicht besonders; er bevorzugt die leiseren Tonlagen. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Nikolaustag: Was Heldemar Paul dazu brachte, in das Gewand und die Fußstapfen des Heiligen zu schlüpfen

Rund 300 Tage Urlaub haben Heldemar Paul und sein Schwager Klaus Schöller seit 1985 aufgewendet, um Familien, Schulen, Kindergärten, Vereine, Seniorenheime und Gruppen als Bischof Nikolaus zu besuchen – und dabei Ungewöhnliches erlebt.

Albstadt-Tailfingen (key). Nicht weniger als 150 000 Euro für krebskranke Kinder in Tübingen hat die Nikolausgruppe um Heldemar Paul und seinen Schwager Klaus Schöller in den zurückliegenden 31 Jahren gesammelt. Gebracht haben sie dafür "gute Gedanken und Freude – und Segen", wie Paul sagt.

Er selbst erinnert sich noch gut daran, wie er als kleiner Stepke im 300-Seelen-Dorf Wurmlingen bei Rottenburg seine kleinen Schuhe am Vorabend des Nikolaustages auf Anweisung seiner Mutter hinausstellte und sie am Morgen des Nikolaustags gefüllt wiederfand. "Später kam der Bischof auch mal selbst zu uns nach Hause", so Paul: Mit dem Bischofshut, der Mitra, dem goldenen Buch, dem Bischofsgewand und dem Hirtenstab. "Ich hatte höllische Angst", berichtet Paul, "vor allem vor seinem Begleiter, dem Knecht Ruprecht, einer grau-schwarzen Gestalt mit dunklem Bart, die in unsere Stube polterte, die Glocke gegürtet, den Jutesack in der Hand, als wollte er mich schnappen und hineinstecken." Vor Schreck verkroch Klein Heldemar sich hinterm Sofa und kam erst wieder hervor, als alles vorbei war und Äpfel, Mandarinen, Nüsse und Schokolade auf dem Tisch lagen.

In den darauffolgenden Jahren verflog die Angst, und Heldemar Paul wagte es sogar, mit den bärtigen Besuchern zu kommunizieren. "Die christliche Erziehung meiner Mutter trug Früchte: Später, als ich selbst verheiratet war, kam mir der Gedanke, für die Kinder diesen Nikolausbrauch wieder aufleben zu lassen – aber sanfter und pädagogisch geläutert."

Seine ersten Nikolaus-Hirtenstäbe waren ein Staubsaugerrohr und ein Spazierstock, mit Goldpapier umwickelt, die ersten Rupprechtbärte aus jenem stinkenden Hanf, mit dem der Flaschner seine Rohre abdichtete. "Unsere Kinder wuchsen mit den Gedanken auf: ›Der Papa ist der echte Bischof Nikolaus, dem es zu helfen gilt‹, und später verkleideten sie sich selbst, gingen von Haus zu Haus und brachten Äpfel, Mandarinen, Nüsse und Schokolade."

"Viele Brauchtumselemente zum Fest des heiligen Nikolaus gehen auf Legenden zurück, die sich um diese Heiligengestalt ranken", weiß Paul. "So hat das Beschenken der Kinder seinen Ursprung in der Erzählung, dass Nikolaus armen Mädchen, die keinen Bräutigam fanden, Goldklumpen in ihr Zimmer warf, damit für ihre Zukunft versorgt sei." Mehrere Legenden berichteten, dass der Bischof arme Menschen beschenkt habe. Eine wisse auch, woher der Segen stammte: Die Eltern des Nikolaus seien sehr reich gewesen, und mit diesem Vermögen habe er später armen Menschen helfen können.

In dieser Tradition sehen sich Heldemar Paul und seine Nikolausgruppe: "Wir, die wir Bischof Nikolaus unsere Gestalt leihen, wollen, dass Gutes geschieht und Not gemindert wird."

 Wer einen Besuch des Bischof Nikolaus in seiner Familie wünscht, meldet sich unter der Rufnummer 07432/44 58.