Foto: Schwarzwälder-Bote

"Denn es muss von Herzen gehen, was auf Herzen wirken soll!"

"Denn es muss von Herzen gehen, was auf Herzen wirken soll!" Für das Verwenden treffender und origineller Zitate ist Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow ja bestens bekannt. Diesmal jedoch hat er ein besonders passendes gewählt: Der Ausspruch der Phorkyas im zweiten Teil von Goethes "Faust" beschrieb genau, was jene bewegt, denen Gneveckow in dieser Woche die Bürgermedaille verliehen hat. Die neun Albstädter, in deren Vitrinen sie ab sofort glänzen wird, gehören zu den aktivsten und engagiertesten Einwohnern und setzen sich mit ganzem Herzen und voller Kraft dafür ein, dass die größte Stadt im Zollernalbkreis besonders lebenswert ist.

Es muss schon eine Menge Treibstoff in ihren Herzen zirkulieren, dass sie – allesamt über Jahrzehnte – einen großen Teil ihrer Freizeit und in vielen Fällen sogar private Mittel in ihr Engagement investieren, das uns allen zugute kommt. Schön zu sehen, dass die Stadt sie dafür auszeichnet und ihren Einsatz somit gleichsam als vorbildlich heraushebt!

Nur eines ist dann doch schade: Unter den neun neuen Trägern der seltenen Auszeichnung – zuletzt 2004 vergeben – ist mit Herta Zizmann gerade mal eine Frau. Und das liegt sicher nicht daran, dass Albstädterinnen weniger engagiert wären als Albstädter.

Liegt es an der fehlenden Zeit, die Frauen in das Ehrenamt, das ja auch Hobby ist, investieren können, weil sie – oft neben einem Beruf – dann doch die Hauptlast in der Erziehung der Kinder und dem Führen des Haushalts tragen?

Trauen es sich Männer eher zu, den Vorsitz in einem Verein zu übernehmen, was sie gleichzeitig zu den Hauptverantwortlichen seiner Erfolge macht, obwohl auch andere im Verein kräftig mit angepackt haben? Oder sind es die Vereinsmitglieder, die bei Wahlen lieber für einen Mann die Hand heben, weil es nun mal über tausende von Jahren vorwiegend Männer waren, die angeführt haben: in der Politik, in der Wissenschaft, in der Gesellschaft?

Wir wissen es nicht, und am Ende spielt es auch keine Rolle, was die Gründe dafür sind. Im Übrigen: Die Verdienste von Rolf Armbruster, Siegfried Binder, dem Geistlichen Rat Karl Duttlinger und Klaus Hetges, von Rupert Linder, Reinhard Mayer, Wolfgang Meißburger und Hans-Peter Zizmann soll es um kein Jota schmälern, dass sie nicht von mindestens sieben weiteren Frauen umzingelt waren bei der Feierstunde im Rathaus.

Dort hat Gneveckow am Beispiel des Ehepaares Zizmann nicht weniger passende Worte gefunden als für die Bewertung des Ehrenamtes an sich: "Wie bei Frauen ihrer Generation nicht unüblich" sei Herta Zizmann immer ein wenig im Schatten ihres Ehemannes gestanden, "obwohl auch sie schon fast 40 Jahre ehrenamtlich tätig ist". Und er zitierte Hans-Peter Zizmann, der einmal gesagt habe: Als Ehepaar seien sie ein Fahrzeug – seine Frau der Motor, immer ideenbeladen und antreibend, und er der Lenker, der die Ideen mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten und Umsetzbarkeit kombiniere. Was Gneveckow damit zwischen den Zeilen deutlich machte: Ohne den Motor fährt das Fahrzeug nicht. Da kann sich der Lenker noch so viel Mühe geben.

Vielleicht richtet die Stadt bei der Ausschau nach künftigen Trägern der Bürgermedaille ihren Blick ja etwas stärker auf die zweite Reihe der ehrenamtlich Tätigen – auf jene Dickbrettbohrer, die an den Erfolgen der ersten Reihe oft wesentlichen Anteil haben, dennoch im Hintergrund bleiben und sich mit einem Lob von Schauspieler Ewald Balser begnügen: "Die Welt lebt von Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht." Übrigens: Auch ein schönes Zitat!