Gevelsberg in Nordrhein-Westfalen ist ein Beispiel für die gelungene Belebung während und nach der Innenstadtsanierung – der GHV Tailfingen will sich ebenfalls Aktionen überlegen, um die Geschäfte gut über die Bauphase zu bringen. Foto: Sichelschmidt

Neugestaltung der Innenstadt stellt Geschäftsinhaber vor Herausforderungen. Verein will aktiv werden statt zu klagen. Mit Kommentar.

Albstadt-Tailfingen - Aus der Not eine Tugend machen will der Gewerbe-, Handels- und Verkehrsverein Tailfingen und strickt derzeit an Aktionen für die Baustellenphase in der Innenstadt. Dabei hat der GHV doch erst ein sehr aktives Jahr hinter sich.

Nicht jammern über die Baustellen, die ihnen bevorstehen, sondern das Beste daraus machen wollen die Mitglieder des GHV Tailfingen – in enger Abstimmung mit der Stadt: Baubürgermeister Udo Hollauer, Wirtschaftsförderer Andreas Hödl und dem künftigen Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, der bereits im Wahlkampf zugesagt hatte, die Anlieger, also auch die Geschäftsinhaber, in die Details der Innenstadtgestaltung einzubinden.

Dass es de facto zehn Parkplätze mehr geben wird, bezweifelte GHV-Vorsitzender Uwe Eckstein zwar bei der Hauptversammlung im Landhaus Stiegel, denn in der Adlerstraße und Am Markt sei bisher nur die Hälfte der genutzten Parkflächen als solche ausgewiesen. Skeptisch ist Eckstein außerdem, was den geplanten "Wassertisch" angeht, zumal Ehrenvorsitzender Friedrich Pommerencke, Stadtrat der CDU, darauf hingewiesen habe, dass der Bauhof Säuberungsarbeiten wie derzeit am Bachlauf Am Markt, in dem die Algen wie Unkraut wachsen, aus finanziellen Gründen nicht mehr in diesem Umfang leisten könne.

Was die Bauphase angeht, von der noch nicht feststeht, wie lange sie dauert und wann sie wo beginnt – vieles hängt vom Abriss des AC-Kaufpark und dem Neubau des Edeka-Marktes ab –, so will der GHV sie für Aktionen mit Werbeeffekt nutzen: Uwe Eckstein hatte ein stattliches Heft voller Ideen mitgebracht.

Die Nähe zur Technologiewerkstatt, deren Einweihungsfest am 12. Juni der GHV werbend unterstützt, könnte zu einer interessanten Kooperation führen: Andreas Hödl berichtete von der Möglichkeit, dreidimensionale Projektionen zu machen – sinnvoll, um vorher zu testen, wie welche Umbaumaßnahme und wie welche Straßenmöblierung letztlich wirken wird. "Ich habe beim Land den Antrag gestellt, daraus ein Pilotprojekt zu machen", betonte Hödl.

Am Online-Marktplatz "HierBeiDir.com" beteiligen sich laut Hödl bereits mehrere Tailfinger Geschäfte – er ist freilich noch in der Testphase. Erst im September soll dann die eigene Albstädter Internetseite "shop.albstadt.de" online gehen. Bis dahin hofft Hödl auf 15 bis 20 Teilnehmer – freilich nur für den Anfang –, und auch Eckstein betonte: "Je mehr mitmachen, desto besser."

Vier neue Mitglieder – und viele tolle Aktionen

Auch beim GHV machen noch mehr Firmen mit: Ein Siebdruck-Unternehmen, eine Textilfirma, ein Friseur und ein Modegeschäft seien 2014 beigetreten, freute sich Eckstein und machte deutlich, was der GHV alles bewältigt habe in diesem Jahr: Die Umstellung auf das SEPA-Lastschriftverfahren, die Neugestaltung der Internetseite, die Fotoaktion "Perspektive Tailfingen" – eine Idee von Kuki Weegen – sowie die Lichternacht, die wie immer ein großer Erfolg war. Obwohl der Handels- und Gewerbeverein Ebingen diesmal seinen verkaufsoffenen Sonntag auf den Tag danach gelegt hatte. Für die nächsten drei Jahre, so Eckstein, seien die Termine bereits abgestimmt und "die Kuh vom Eis". Mit der Werbeaktion "Wo’s Christkindle einkauft" habe der GHV das erfolgreiche Jahr abgeschlossen, erklärte der Vorsitzende. Auch sie passt in das Schema des Online-Marktplatzes, hatte sie doch auf einem Stadtplan gezeigt, wo welches Tailfinger Fachgeschäft zu finden ist.

Noch nicht umgesetzt hat der Verein eine Idee von Sabine Weidle, Straßenkünstler zu einem Festival nach Tailfingen zu holen, sondern sich zunächst einmal um Leerstände gekümmert. Als Bindeglied zwischen Hauseigentümern und potenziellen Ladeninhabern hatte der GHV Hauseigentümer angeschrieben und erfahren, dass viele zu hohe Mietforderungen stellten und lieber ihren Laden leer stehen ließen als eine niedrigere Summe zu kassieren und sich dafür mit einem Mieter beschäftigen zu müssen – ein Phänomen, das es auch in Ebingen gibt.

Kommentar: Nebenwirkung

Karina Eyrich

Ladenleerstände in der Innenstadt sind in Tailfingen wie in Ebingen ein Problem, weil sie das Einkaufserlebnis trüben, die Kette der Schaufenster unterbrechen und jeder leere Laden das Signal aussendet, dass es nicht lohne, an dieser Stelle ein Geschäft aufzumachen. Wie die Initiative des GHV gezeigt hat, liegt es freilich nicht immer am Standort, wenn ein Geschäft leer steht, sondern an zu hohen Mietforderungen der Hauseigentümer. Dass viele lieber auf die Einnahmen verzichten, anstatt sich mit Mietern zu beschäftigen, ist ein bekanntes Phänomen in beiden Innenstädten. Da stellt sich die Frage, wieso jemand ein Haus mit Laden besitzt, wenn er ihn nicht vermieten will, und ob es nicht besser wäre, es an jemanden zu verkaufen, der etwas daraus machen will. Andernfalls schaden solche Nicht-Vermieter den Geschäftsinhabern. Eigentum verpflichtet auch!