Andreas Kalbitz am Mikrofon – und die Kreis AfD-Prominenz samt Burladingens Bürgermeister Harry Ebert in der ersten Reihe der Zollern-Alb-Halle in Tailfingen. Foto: Rapthel-Kieser

Rund 100 Gäste hören in Truchtelfingen Andreas Kalbitz und Dirk Spaniel. Mit Video

Albstadt-Truchtelfingen - Wer am Samstagabend zur AfD-Veranstaltung in die Zollern-Alb-Halle in Truchtelfingen wollte, der wurde von der schwarz gekleideten Security einer genauen Leibesvisitation unterzogen. Rund 80 Personen waren angemeldet, insgesamt waren es im blickdicht verhängten Foyer dann rund 100 Gäste.

Sie waren der Einladung des stellvertretenden AfD-Kreisvorsitzenden Joachim Wald gefolgt, der zum sechsjährigen Bestehen des Kreisverbands der rechtskonservativen Partei zwei Hochkaräter des sogenannten rechten Flügels eingeladen hatte. Sowohl Andreas Kalbitz, Vorsitzender des AfD-Landesverbands Brandenburg, als auch Dirk Spaniel, einer von zwei Sprechern der AfD Baden-Württemberg, gelten als Anhänger des völkischen AfD-Rands um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke.

AfD-Mann Kalbitz wettert gegen die "vermerkelte Demokratie" in Deutschland

In Albstadt wären die AfD-Anhänger gerne unter sich geblieben. Anfragen von Pressevertretern für eine Akkreditierung wurden negativ beantwortet: Es handele sich um eine "Privatveranstaltung", lediglich "Freunde, Förderer und Mitglieder des Kreisverbands Zollernalb" seien willkommen. "Daher werden wir keine Presse zulassen", hatte Wald geschrieben. Zulassen musste er die Presse dann doch. Dafür sorgte die Polizei. Schließlich hatte die AfD selber die Veranstaltung als öffentliche Versammlung deklariert, um die Zollern-Alb-Halle überhaupt mieten zu dürfen.

Die Veranstaltung begann mit Verspätung. In der Brückenstraße hatten Gegendemonstranten massiv versucht, die AfD-Anhänger daran zu hindern, zur Halle zu kommen. "Es ist schlimm, wohin sind wir gekommen?" leitete Wald seine Rede ein, um gleich zu betonen, dass, falls es jemand nicht aushalten sollte, "dass wir hier den Höllenfürsten aus Thüringen beschwören", er die Halle ja verlassen könne.

Die AfD werde zu Unrecht skandalisiert, so Wald: "Wie viele Neofaschisten in braunen Anzügen sehen Sie hier drinnen? Ich sehe keinen", betonte er und blickte in die Zukunft: In 19 Jahren werde der AfD-Kreisverband sein 25-jähriges Bestehen feiern, bis dahin gelte es, Zusammenhalt zu wahren, um eine Regierungsbeteiligung zu erreichen.

Spaniel blies ins gleiche Horn: "Diffamierend und ausgrenzend" werde mit der AfD umgegangen. Vieles sei nicht so, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt werde. Im Landesverband seien die politischen Gräben nicht unversöhnlich, vielmehr gebe es nur minimale Differenzen. "Unsere Partei ist das, was Deutschland gefehlt hat. Wir sind rechts im politischen Spektrum mit einem patriotischen Touch", so Spaniel.

Trotzdem dringe die Partei nicht so durch, wie sie es sich wünsche. "Ihr seid mir zu rechts", laute die Aussage vieler Menschen. Und, so Spaniel: "Das Schlimme ist, dass wir in der Partei Leute haben, die das auch sagen.". Es gelte, gerade in Baden-Württemberg, sich einer "industrie- und technikfeindlichen Politik", die viele tausend Arbeitsplätze kosten werde, entgegenzustellen. "Die AfD ist die einzige Partei, die sich für den Erhalt der Autoindustrie einsetzt", so Spaniel.

Politik: "Brandstifter als Feuerwehrmann"

Mit viel Beifall war Andreas Kalbitz begrüßt worden, ein Mann mit einer Biografie voll rechtsextremer Bezüge. Er berichtete zunächst vom Wahlkampf in Brandenburg, der ein "Feindbildwahlkampf" gewesen sei. Aber trotz "Rotlichtbestrahlung in den Schulen" seien laut der neuesten Shell-Studie die Mehrheit der jungen Menschen wertkonservativ. "Die Politik ist der einzige Bereich, wo sich der Brandstifter als Feuerwehrmann anbietet", kommentierte der Brandenburger mit Münchner Wurzeln.

Bevor es die AfD gegeben habe, seien Bundestagsdebatten "Einschlafhilfen" gewesen. Die SPD nannte er eine "Arbeiterverräterpartei" und räumte ein: "Ich habe eine dunkle Vergangenheit, ich war mal in der CSU." Jetzt sei die AfD die Partei seiner Wahl: "Wir sind konservativ, wertebezogen und demokratisch". Die Partei sei der "Defibrillator der am Boden liegenden vermerkelten Demokratie". Die Bildungspolitik nannte Kalbitz "staatlich organisierte Verblödung" und sprach vom "Politswingerclub" in Berlin, wo es "jeder mit jedem macht".

Klimaschutz-Demos nennt er "Kinderkreuzzüge"

Auch die Fridays-for-Future-Bewegung bekam ihr Kalbitz-Fett ab: "„Und immer wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo die Greta her". Die Demos ihrer Anhänger bezeichnete der Wahl-Brandenburger als "Kinderkreuzzüge" und als Ergebnis einer "völlig hysterischen Gesellschaft" und "hypermoralische Selbstbefriedigung".

Kalbitz sprach zudem von "Zwölfjährigen, minderjährigen Einwanderern mit Bart", die zwar auf der Flucht öfter ihren Pass, nie aber ihr Telefon verlören und den Staat monatlich 5000 Euro kosteten, während deutsche Rentner im Müll wühlen müssten.

Trotzdem: "Wir sind nicht ausländerfeindlich – wir sind dezidiert inländerfreundlich." Und angesichts des "völlig entfesselten Raubtierkapitalismus" setzte die AfD wieder auf eine soziale Marktwirtschaft. Vom Publikum gab es stehenden Beifall für Kalbitz’ Rhetorik.