Die Onstmettinger Zehntscheuer, auch bekannt unter dem Namen Weiherschule, beherbergt derzeit noch die Onstmettinger Filiale der Stadtbücherei – aber wenn sich kein Käufer findet oder die Stadt anderen Sinnes wird, dann wird sie abgerissen. Foto: Eyrich

Abrissbirne bedroht 500 Jahre Historie. Onstmettingens Heimatgeschichtler wollen zweitältestes Haus im Ort erhalten.

Albstadt-Onstmettingen - Die einen sagen Zehntscheuer, andere Weiherschule, wieder andere Bücherei – gemeint ist das Haus Nägelestraße 7, nach dem Kasten das zweitälteste im Onstmettingen. Ob es noch viel älter wird, ist freilich die Frage: Der Abbruch ist genehmigt.

Sehr zum Leidwesen der Onstmettinger Polyhistoren Manfred Schaber, Gottlob Ast und Adolf Bosch, die bereits beim Ortschaftstag im November auf die historische Bedeutung des Hauses hingewiesen und eine Galgenfrist erwirkt hatten: Die Stadt nimmt vorerst Abstand von ihren Plänen, die Zehntscheuer abzureißen und an ihrer Stelle einen Parkplatz zu bauen; stattdessen stellt sie sie zum Verkauf ins Internet – der Preis ist Verhandlungssache.

In diesem Jahr genießt das Gebäude noch Bestandsschutz; sollte sich aber 2016 kein Interessent finden, dann würde die Stadt wohl zur Tat schreiten. Eile, räumt Baubürgermeister Udo Hollauer ein, sei nicht geboten, doch wenn das Haus keiner wolle, dann werde es sicher keine fünf Jahre mehr stehen.

Für Onstmettingen, so Ast, Schaber und Bosch, wäre der Verlust unwiederbringlich. Sie schätzen das Alter der Zehntscheuer auf über 500 Jahre – aktenkundig ist sie seit 1560. Der gewölbte Keller dürfte, wie Schaber und Ast mutmaßen, tatsächlich auf die Zeit vor der Reformation zurückgehen; ob der sichtbare Teil der Bausubstanz tatsächlich so alt ist, erscheint zugegebenermaßen fraglich; in und nach dem 30-jährigen Krieg, der auch die Onstmettinger Bevölkerung beträchtlich dezimiert hatte, wurden marode Häuser ziemlich systematisch ausgebeint, weil man Holz zum Heizen brauchte. Indes ist spätestens fürs Ende des 17. Jahrhunderts wieder die Existenz einer Zehntscheuer bezeugt; nach 1800 diente das Gebäude verschiedenen Zwecken. Es war Schulhaus – die Weiherschule – , Domizil der Schulmeister, Arztpraxis und Entbindungsstation sowie Feuerwehrgarage.

Nach dem Krieg beherbergte es eine Volksküche, 1946 zerstörte ein Brand den Dachstuhl. Wer soviel Geschichte mutwillig dem Abrissbagger opfert, argumentieren die Heimathistoriker, gefährdet seine kollektive Identität.

Ihr zweites Argument betrifft das Ortsbild: Mit diesem, so Gottlob Ast, hätten die Onstmettinger zwar auch in der Vergangenheit Schindluder getrieben, aber das müsse nicht in alle Ewigkeit so weitergehen – am Rathaus werde ja schließlich einiges getan. Onstmettingens Ortskern laufe Gefahr, mit dem Abriss der Zehntscheuer gesichtslos zu werden; schon deshalb müsse sie erhalten bleiben.

Aber wie? Die Stadt hat keine Verwendung dafür; die Bücherei wird ins Rathaus umziehen. Ast, Schaber und Bosch hoffen, dass sich ein solventer Privatmann findet, der mit einem großen alten Haus etwas anfangen kann – unterfangenes, wasserdichtes Untergeschoss, kein Denkmalschutz, weil ohne bauhistorische Bedeutung, wohlfeiler Preis, wie wär’s? Oder die Onstmettinger Vereine? Das Raumprogramm von Rathaus und Riedschule ist verplant; die Zehntscheuer mit ihrem großen Saal böte Alternativen. Der Förderverein des Philipp-Matthäus-Hahn-Museums wäre mit im Boot; der Vorstand hat sich einstimmig für den Erhalt der Zehntscheuer ausgesprochen.

Doch wer soll die Kosten tragen? Dach, Fenster und Wände müssten energetisch saniert werden; von 700.000 Euro ist die Rede. Gottlob Ast rät zu Pragmatismus: Nicht alles müsse auf einmal geschehen, Rom sei nicht an einem Tag erbaut worden. Und dann gebe es ja auch noch die Option der Eigenleistung – dieser Appell richtet sich an alle Onstmettinger und besonders an die, die stark genug sind, einen Zementsack zu schultern. Er selber wäre gerne dabei – aber er mit 84 ist er halt nicht mehr der Jüngste.