Fotos: Herzog Foto: Schwarzwälder-Bote

Rötenberger fühlen Kandidaten auf den Zahn

Das wäre doch ein Clou: Die Bürgermeisterwahl in Aichhalden könnte gleichzeitig die Lösung sein, um die Gasthausmisere zu beheben.

Aichhalden-Rötenberg. Nach 750 Besuchern in der Josef-Merz-Halle am Donnerstag (wir berichteten) wollten sich am Freitag noch einmal rund 300 Interessierte von den sechs Männern und zwei Frauen einen Eindruck verschaffen, die sich in ihren Vorstellungen für eine Nachfolge von Bürgermeister Ekhard Sekinger empfahlen.

Klaviervirtuose Heiner Costabel eröffnete die anschließende Fragerunde mit den Bewerben mit einer Steilvorlage auf die Bühne: "Alle acht Kandidaten bemängeln den gastronomischen Niedergang in Aichhalden und wollen da unterstützend eingreifen. Das ist doch keine Aufgabe eines Bürgermeisters. Von ihnen kommt wohl niemand auf die Idee, statt Schultes Gastwirt zu werden?".

Vorhandener Markt

Es stimme, konterte Nübel, dass der "Engel" und der "Adler" nicht wegen Reichtum geschlossen hätten. "Es kann ja nur einer Bürgermeister werden. Also können nach der Wahl außer mir noch sieben als Wirt weitermachen", zog Nübel seine Schlüsse.

Schlagfertig zeigte sich auch Heike Fuchs: "Ich möchte sie bitten, das musikalische Programm zu übernehmen. Dann habe ich keine Bedenken, dass die Leute in die Gasthäuser gehen".

Tim Wiedmann sagte, er wolle deshalb einen Beitrag dazu leisten, weil gute Gastwirte und Pächter nur schwer zu finden seien. Jürgen Moosmann verteidigte, er habe das Thema nicht angesprochen. Der "Engel" sei allerdings ein ortsprägendes Gebäude und wenn ein solches Jahre leer stehe, verkomme es schnell zu einer Bauruine.

Michael Lehrer versicherte, er wäre bestimmt ein guter Bürgermeister, aber ein schlechter Wirt. Auch Gasthäuser seien Betriebe, um die man sich kümmern müsse. Klaudijo Dreher konnte sich nicht vorstellen, dass in Aichhalden niemand essen gehen will. Er sah auf jeden Fall einen vorhandenen Markt. Gabriele Fischer-Vochatzer erinnerte, dass die Pächter des "Adlers" altersbedingt aufgehört hätten. Sie glaube nicht, dass die Gasthaussituation so geworden sei, weil Vereine und Leute nicht hingingen. Als Bürgermeisterin wolle sie nur Hilfestellung geben, nicht mehr und nicht weniger. Manuel Depfenhart stellte klar: "Da kann die Gemeinde ruhig etwas dafür tun. Deshalb bewerbe ich mich ja auch als Bürgermeister."

Eigenes Wappen

Mehr als mancher Aichhaldener bisher glaubte, wünschen sich die Rötenberger ihr eigenes Wappen am Neubau der Ortsverwaltung. Vor allem Einwohner Ulrich Pfau. Er fand es traurig, dass der Ortsteil Rötenberg nicht im Gemeindewappen vorkomme und wollte wissen, wer von den Kandidaten etwas dazu tun würde. Wie Lehrer wusste, sei eine Änderung des Aichhalder Wappens nicht so einfach.

Die Bürger sollten seine im Wahlkampfprogramm erwähnte Zukunftswerkstatt abwarten. Er vertrete allerdings die Ansicht, dass es wichtigere Dinge als das Wappen gebe. Dreher sah momentan keinen Grund, um etwas zu ändern. Wenn dies jedoch der Wille der Rötenberger sei, könne man darüber reden. Fischer-Vochatzer blickte in Richtung Pfau und fragte: "Können sie sich mit dem Aichhalder Wappen nicht identifizieren, oder wollen sie ein neutrales Wappen?".

Identität wichtig

Depfenhart vertrat die Meinung, dass zu einer Gemeinde auch nur ein Wappen gehöre. Nübel betonte die Wichtigkeit der Identität für beide Ortsteile. An der Außenwand der Ortsverwaltung habe sicher auch ein Rötenberger Wappen Platz. Dies sah auch Tim Wiedmann so, der witzelte: "Wir Rötenberger tragen das Wappen doch im Herzen". Während Fuchs sich offen für alles zeigte, will Moosmann als Bürgermeister das Thema mit dem Gemeinderat diskutieren. Fast schon ungeduldig warteten die Kandidaten ohne verwaltungsfachliche Ausbildung auf die Frage von Wilhelm Brüstle, wie sie dieses Defizit ausgleichen wollten.

Gut aufgestellt

Die Bewerber waren sich einig, mit der gut aufgestellten Verwaltung im Rücken stelle dies kein Problem dar. Diplom-Wirtschaftsjurist Nübel sah sogar einen Vorteil für sich. Derzeit müsse jede Kommune ihren Haushalt auf die Doppik (doppelte Buchführung) umstellen. Das sei genau das, was er schon 15 Jahre lang mache. "Hauptamtsleiterin Fabienne Legler ist vom Fach und die Nachfolge von Thomas Kienzle ist geregelt. Ich sehe keinen Grund, warum ich mich als Verwaltungsfachmann da noch oben drauf setzen sollte". Bei der Frage von Daniel König, welche Visionen die Bewerber im Falle einer Wahl zum Rathauschef für Rötenberg hätten, wurden Aussichtsturm, Weiherdamm, Römerbad am Brandsteig, Wachstum und Tempo-30er-Zonen in Wohngebieten genannt.

(lh). Bei der Bürgermeister-Kandidatenvorstellung in Aichhalden hielten sich die Bewerber strikt an die Vorgabe ihrer zugestandenen Redezeit von 15 Minuten. Einzelne blieben deutlich darunter. So konnte pünktlich um 21.30 Uhr die Fragerunde beginnen, die Moderatorin Gerlinde Herzog auf eine Stunde begrenzte. Als jedoch der große Uhrzeiger bereits nach 23 Uhr anzeigte, sagte ein Besucher ungeduldig zu seinem Nachbarn. "Jetzt könnten die mal mit der blöden Fragerei aufhören. Ich würde jetzt gerne noch in der ›Ratsstube‹ ein Feierabend-Bier trinken. Nicht, dass auch noch die einzig verbliebene geöffnete Wirtschaft zumacht."