"Heute weder Hamlet" in Aichhalden: Inspizient Klaus Andreae von der Theaterwerkstatt bedankt sich bei Schauspieler Gerhard Ruoff für seine bravouröse Sololeistung. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

"Heute weder Hamlet": Gerhard Ruoff mit Solo-Glanzstück auf Nachbarschaftstour / Nach Aichhalden folgt Seedorf

on Karin Schmidtke

Aichhalden. "Als Jugendlicher sah ich Shakespeares Othello. Das Stück gefiel mir so, dass ich es auswendig lernte", verriet Gerhard Ruoff nach seinem Ein-Mann-Theaterstück am Freitag in der Josef-Merz-Halle.

Der Applaus des begeisterten und faszinierten Publikums scheint noch in der Luft zu hängen. Worte wie "Großartig", "Fabelhaft" oder "…und wie die langen Texte vorträgt" werden von den Leuten mitgetragen.

"Heute weder Hamlet", geschrieben von Rainer Lewandowski, hatte sich der Schauspieler ausgesucht. Er spielt die Rolle des Ingo Sassmann, eines verkappten Schauspielers der letztlich Vorhangzieher im Theater wurde. In seinem blauen Arbeitskittel schafft es der Mime, die Zuschauer zu fesseln, zu verzaubern.

Lampenfieber? Das quält ihn nicht. Er scheint sich vielmehr pudelwohl zu fühlen, da oben im Rampenlicht. Komik und Tragik geben sich in der Erfahrung des Scheiterns und der Schuld die Hand.

Doch "Heute weder Hamlet" ist nicht sein erstes Theaterstück, das der 70-Jährige alleine bestreitet. Der "Kontrabass" ging dem jetzigen Stück voraus. Den Kontrabass hatte Ruoff erst mal "ausprobiert", alleine. Der Bruder seines Schwagers ist Schauspieler und hatte jetzt nach einem passenden Stück gesucht. Allem Anschein nach war dieser Tipp ein Volltreffer.

"Anfangs dauerte das Stück eine Stunde und vierzig Minuten. Jetzt schafft er es in einer Stunde 30 Minuten. Ein gutes Tempo", zeigt sich Inspizient Klaus Andreae zufrieden, ein langes Elektrokabel baumelt in seiner Hand. Am meisten begeistert Ruoff in den Szenen, in denen er gleich mehrere Rollen spielt. Dann springt Ruoff von einem Charakter in den nächsten, verändert Mimik, Körpersprache, Stimme. "Der Mann ist einfach ein Phänomen.

Und diese wunderbare Sprache, die er dabei spricht", bewundert Andreae und zollt Ruoffs Dialekt Bewunderung. Aus Rosenfeld stammt Ruoff ursprünglich, den schwäbischen Einschlag aus der Ecke nahm er mit. Regie hatte Harald Frommer, die Regie-Assistenz Gabriele Frommer. Eine Handvoll Helfer packen beim Auf- und Abbau tatkräftig an.

Ist das nicht unglaublich viel Stoff auswendig zu lernen? 90 Minuten allein zu sprechen – und das ohne Pause. "Ach das geht. Das Auswendiglernen passiert halt zwischendurch. Morgens habe ich mal eine Viertelstunde Zeit und schaue mir den Text an, abends dann noch einmal und so geht es fort", erklärt Ruoff.

Aber irgendwie scheint ein kleines Genie in ihm zu stecken, vermutet man. Andreae verriet, dass ein Tag vor einer Aufführung des Theaterrings einmal ein Schauspieler ausgefallen war. Der Supergau. Ruoff bekam morgens den Text und spielte abends zur Verblüffung aller die Rolle mit Bravour. Seit 2001 wirkt der pensionierte Pfarrer bei der Theaterwerkstatt mit. Aber eigentlich sein ganzes Leben immer wieder mal auf der Bühne.

Ob er nicht einmal mit dem Gedanken gespielt hätte, Schauspieler zu werden? Doch, hatte er. Aber hat man da Sicherheit? Schließlich entschied sich der junge Mann doch für die Theologie. "Wobei ich meinen Beruf immer gerne ausgeübt habe", unterstreicht er und nickt ernst. Heute ist Ruoff in Pension und lebt in Seedorf. Der sympathische evangelische Pfarrer außer Dienst singt dort im katholischen Kirchenchor, schmunzelt man.

Am Freitag wird Gerhard Ruoff, mit dem warmen Rückenwind der Theaterwerkstatt den "Heute wieder Hamlet" nochmals in Seedorf aufführen. "Dort ist bei der Grundschule ein Pavillon. Der ist gerade recht, da werde ich noch mal spielen", erklärt er.