Engagiert sprach Schrambergs evangelischer Pfarrer Michael Jonas vor zahlreichen Gläubigen in Rötenberg. Foto: Leinemann Foto: Schwarzwälder-Bote

Lutherjahr: Michael Jonas spricht im voll besetzten Gemeindehaus / Gnade ist wertvoll

Anlässlich von 500 Jahren Reformation konnte die evangelische Kirchengemeinde Rötenberg Pfarrer Michael Jonas aus Schramberg gewinnen, der im voll besetzten Gemeindehaus zum Thema "Allein aus Gnade" referierte.

Aichhalden-Rötenberg. Nach einem Eingangslied des Kirchenchores und einem Psalm stieg Pfarrer Michael Jonas direkt in die Thematik der Gnade ein: Die Kirche wurde zu Zeiten Martin Luthers durch drei Mauern begrenzt, schilderte der Geistliche an diesem Abend.

Auch die heutige Kirche werde durch drei Mauern eingeengt. Die erste Mauer handelt vom sprachlichen Aspekt der Gnade, "die in unserer Sprache abgesehen von der Religion nur noch in Monarchie und Adel gebraucht wird, im Alltagsleben jedoch eher selten ist" – sie kennzeichne ein Gefälle von höheren zu niederstehenden Personen, das heute kaum noch vorkomme.

"Wohlwollende, freiwillige Zuwendung"

Im Duden lese man als Definition der Gnade: wohlwollende, freiwillige Zuwendung zu jemanden. Ja, Michael Jonas ging sogar soweit, die Begrifflichkeit: "allein aus Gnade" aufgrund der antiquierten Ausdrucksweise als Fremdwort zu bezeichnen.

Die zweite Mauer, die Michael Jonas in seinem Referat zusammen mit den Zuhörern einreißen möchte, kennzeichnet die Erlösung. Braucht der Mensch noch Gnade? Und wenn ja, von wem?, fragte Jonas kritisch nach.

Aber gerade die Erlösung sei ein zentrales Thema im Christentum – Jonas spannte den Bogen zu antiken Kulturen, wo Erlösung praktisch nicht vorkam und wo Götter angebetet wurden, um ein gefälliges Leben zu bescheren. Die Römer prägten bis heute die Rechtssprechung, die Griechen seien eher philosophisch unterwegs gewesen, aber Erlösung in diesem Sinne kenne vor allem die christliche Religion, bei der man durch Erlösung in eine höhere, perfektere Welt komme, die allgemein als Himmel bezeichnet werde.

Gnade auch für Scheiternde – unter dieser Prämisse handle der Gott der Christen. Nicht den perfekten Menschen wolle man, nein, für die Annahme eines verloren-geglaubten Lebens steht der christliche Gott.

Im Römerbrief, so Jonas, spreche selbst Paulus von der Gnade: "Alle sind wir Sünder," stellt er fest, "aber aus Gnade werden wir errettet und geheilt." Gehe es um den Begriff der Gnade, könne auch Augustinus zu Rate gezogen werden – prägte er doch Luther und die gesamte westliche Kirchenwelt. Es fällt das Wort: Rechtfertigungslehre. Der Mensch werde aus Gnade freigesprochen, allein aus Gnade.

Ein Urteil darf sich nur der Schöpfer erlauben

Die Rechtfertigungslehre hält Pfarrer Jonas auch heute noch für sinnvoll und aktuell. Ein wirkliches Urteil über das Leben könne sich einzig der Schöpfer erlauben. Und wieder ist von Gnade die Rede – im Lateinischen gebe es mehrere Wörter dafür: Luther insistiert jedoch darauf, dass es nur eine wahre Gnade gibt.

Das Gnadenverständnis im ökumenischen Dialog stehe für die dritte Mauer, an der man zu knabbern habe. Dem evangelisch-lutherischen Verständnis von Gnade solle keine Monopolstellung zukommen, auch die anderen Religionen wie die römisch-katholische habe ihre Berechtigung. Gott bejahe und rechtfertige auch hier. Eines sei aber sicher: "Gnade ist wertvoll, unabhängig ob sie gerade populistisch ist oder nicht."

Zum Schluss konnten Fragen gestellt werden; der Kirchenchor sang erneut und Rötenbergs Pfarrer Pfarrer Johannes Götschke überreichte dem Referenten als Dank für seine Ausführungen ein Präsent.