Bei der traditionellen Sternfahrt zum Saisonbeginn auf dem Bodensee reichen sich die Kapitäne die Hand. Doch längst gibt es Ärger zwischen den Schiffsgesellschaften. Foto: dpa

Jahrelang haben die Schiffsgesellschaften auf dem Bodensee einträchtig kooperiert. Doch seit die Schweizer Seite immer mehr in deutsche Häfen vordringt, gehen die Wogen hoch.

Konstanz - An Platz drei geht es schon wieder hoch her. In einer langen Schlange warten die Touristen darauf, an Bord zu dürfen. Derweil hat auf der anderen Seite des Konstanzer Hafens das Motorschiff Thurgau schon abgelegt und nimmt Kurs auf die Mainau. Wer dort mitfährt, muss in Meersburg nicht umsteigen und wird eine knappe Stunde früher auf der Insel seiner Blütenträume sein. Doch die Wartenden ahnen davon nichts. Die Thurgau ist ein Phantomschiff. Auf der elektronischen Anzeigentafel des Konstanzer Hafens taucht sie nicht auf.

„Das ist unser Anzeiger“, sagt Norbert Reuter kühl. Der Chef der Stadtwerke Konstanz, zu denen die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) gehören, findet die Heimlichtuerei „völlig normal“. Wieso sollte man für ein Konkurrenzangebot Werbung machen? Dass die Schweizer Boote an deutschen Häfen anlanden, lasse sich nicht verhindern. Gemäß Artikel 3 des Staatsvertrags über die Schifffahrt auf dem Bodensee ist „in Häfen und an Landestellen, die für den allgemeinen Verkehr bestimmt sind, das bloße Anlegen unentgeltlich“. Dass jedoch auch kostenlos die Abfahrt angeschlagen und die Gangway angedient werde, könne man wirklich nicht erwarten.

Die Schweizer Seite fühlt sich gemobbt

Eigentlich sind die großen Schifffahrtsgesellschaften am Bodensee seit 170 Jahren eng verbrüdert In der Vereinigten Schifffahrtsunternehmen (VSU) stimmen die Partner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Fahrpläne ab und legen ihren Gemeinschaftstarif fest. Doch seit die Schweizerische Bodensee Schifffahrt (SBS) zunehmend deutsche Häfen ansteuert, ist das Miteinander gestört. Zunächst standen nur Unteruhldingen und die Mainau auf dem SBS-Fahrplan. Die Ankündigung, in diesem Jahr mit dem selben Schiff auch noch Konstanz ansteuern zu wollen, brachte das Fass zum Überlaufen.

„Wir haben täglich 14 Verbindungen von Konstanz in den Überlinger See. Da brauchen wir keine Parallelverbindungen“, schimpft Reuter und hat damit auf Schweizer Seite einiges angestoßen. Vor allem in der Presse gehen die Emotionen hoch. „Da wird ein internationaler Konflikt konstruiert“, beklagt sich Reuter. Sogar die in der Bundeshauptstadt Bern erscheinende Tageszeitung „Der Bund“ berichtete jüngst über den Streit. „Deutsche mobben Schweizer Schiffsbetriebe“, lautete die Überschrift. Ausgerechnet die Deutschen hingen einem unzeitgemäßen „Kantönli-Geist“ an, zitierte das Sankt Galler Tagblatt den Oberkapitän der SBS, Erich Hefti.

Alle wollen zur Mainau, niemand nach Rorschach

Inzwischen versucht Hefti, die Wogen zu glätten. Eigentlich gehe es nur darum, Schweizer Kunden ans deutsche Ufer zu bringen und wieder heim zu fahren. „Es ist doch gut, wenn Einkaufstouristen mit dem Schiff nach Konstanz kommen.“ Im Gegenzug sei die BSB-Flotte in den Schweizer Häfen natürlich „herzlich willkommen“. Doch auf deutscher Seite fehlt es am Interesse. Ob Lindau, Friedrichshafen, Meersburg, Überlingen, Unteruhldingen oder Mainau: die wichtigsten Touristenziele liegen alle am deutschen Ufer. Allenfalls Bregenz kann mithalten, aber dorthin wollten die Schweizer ja auch schon expandieren, vermutet Reuter – diesmal zum Leidwesen der Österreicher.

Schweizer sollen lieber umsteigen

Anstatt in fremden Revieren zu wildern und am deutschen Ufer entlang zu schippern, sollten die Schweizer, die im Gegensatz zu den Deutschen großzügig vom Staat unterstützt werden, ihre Kapazitäten lieber in neue Nord-Süd-Verbindungen investieren, findet Reuter: von Rorschach nach Friedrichshafen und sofort wieder zurück. Alle weiteren Ziele könnten dann mit „schlanken Anschlüssen“ erreicht werden. Das bringe allen etwas. Auch Konstanz wäre dann ein gutes Ziel. Die SBS müssten nur auf die Weiterfahrt in Richtung Überlinger See verzichten und ihre Fahrgäste auf BSB-Schiffe umsteigen lassen. Reuter hat seinen Vorschlag auf die Tagesordnung der nächsten VSU-Sitzung gesetzt. Dass die Schweizer mitmachen, ist unwahrscheinlich. Auch sie wissen, wo die attraktivsten Ziele liegen. „Es bleibt bei der gegenwärtigen Situation“, prophezeit Hefti. Notfalls werde man die Gangway eben vom Schiff aus bedienen.