Einer Meinung mit Kretschmann, aber nicht mit den Grünen: CDU-Innenminister Thomas Strobl Foto: dpa

Der Landesinnenminister sieht sich von der Lageeinschätzung des Bundes zu Afghanistan bestätigt.

Fellbach - Im Koalitionsstreit über Abschiebungen nach Afghanistan will CDU-Innenminister Thomas Strobl dem Druck der Grünen unter keinen Umständen nachgeben. „Wenn es im Koalitionsausschuss Gesprächsbedarf gibt, kommen wir dem gerne nach, aber wir werden keine Zugeständnisse machen,“ sagte Strobl am Rand des Politischen Aschermittwoch der Südwest-CDU in Fellbach. Am kommenden Dienstag will sich das Spitzengremium der Koalition mit den jüngsten Abschiebungsentscheidungen des Innenministeriums beschäftigen, dem führende Vertreter der Grünen mangelnde Sorgfalt vorwerfen. In mehreren Fällen hatten Gerichte die Rückführung kurzfristig ausgesetzt.

Strobl hingegen sieht sich in seinem Kurs von dem jüngsten Schreiben der Staatssekretäre des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amtes bestätigt. Darin heißt es, dass es in Afghanistan Regionen gibt, in denen die Lage vergleichsweise ruhig und stabil ist. Deshalb seien Abschiebungen dorthin weiter möglich. Auch die Forderung der Grünen, die Sicherheitslage neu zu bewerten, hält der CDU-Politiker für überflüssig: Beide Staatssekretäre hätten klargestellt, dass der Lagebericht vom Oktober 2016 weiterhin gelte. Strobl: „Dies bestätigt Punkt für Punkt die Rückführungspraxis des Innenministeriums.“

Grüne kritisieren den Bund

Die Grünen zweifeln diese Lagebewertung jedoch nach wie vor an. „Wir kritisieren, dass die Bundesregierung mit ihrem lapidaren Weiter-so-irgendwie Symbolpolitik betreibt“, reagierte Fraktionschef Andreas Schwarz auf Strobl. „Wir müssen prüfen, ob alle relevanten Vorkommnisse, Berichte und Entwicklungen der jüngsten Zeit in der aktuellen Einschätzung der Sicherheitslage berücksichtigt wurde“, erklärte er mit Blick auf anderslautende Einschätzungen internationaler Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Die „Fehler der Abschiebepraxis“ im Land müssten sorgfältig aufgearbeitet und abgestellt werden. Wenn aber Rückführungen aufgrund weiterer Weisungen des Bundes unvermeidlich würden, sollten vor allem Straftäter und Gefährder abgeschoben werden, forderte Schwarz.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich diese Position bisher aber nicht zu eigen gemacht, sondern stets auf die alleinige Zuständigkeit des Bundes bei der Bewertung der Sicherheitslage verwiesen. Dies bekräftigte er auch beim Politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach, wo Aktionsgruppen gegen die Abschiebepraxis des Landes protestierten. „Es macht den Rechtsstaat aus, dass wir uns an Regeln halten“, sagte der Regierungschef. Dazu gehöre, dass die Einschätzung, ob ein Land sicher genug für Abschiebungen sei, beim Bund und nicht bei den Ländern liege. Er verwies allerdings darauf, dass das Land die Möglichkeit habe, in Einzelfällen besondere Härten zu berücksichtigen. Dies werde auch weiterhin geschehen. Strobl bekräftigte dies und wies Vorwürfe zurück, Einzelfälle nicht sorgfältig genug geprüft zu haben.

Bloß keine Kommunen!

Vom Vorschlag der beiden Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU, Schwäbisch Gmünd) und Boris Palmer (Grüne, Tübingen), in Abschiebeentscheidungen auch die Kommunen einzubeziehen, hält Strobl jedoch nichts: „Wenn jetzt auch noch die Oberbürgermeister mitreden wollen, ist der nächste Schritt, dass auch noch die Gemeinderäte und Bezirksbeiräte mitreden wollen. Dann können wir’s sein lassen.“ Wenn allerdings die Landräte und Oberbürgermeister Hinweise auf ausreisepflichtige Personen gäben, wäre er dafür dankbar. Grünen-Fraktionschef Schwarz macht sich die Position der Kommunen hingegen ausdrücklich zu eigen: „Sie können am besten beurteilen, ob und wie die Integration gelungen ist. Wir wollen keine Menschen zurückführen, die lang hier und gut integriert sind.“

Der Landtags-SPD warf Strobl vor, gegen Entscheidungen des eigenen Parteivorsitzenden zu opponieren. Denn das von Sigmar Gabriel geleitete Auswärtige Amt fordere die Länder geradezu auf, konsequent abzuschieben. Wenn Länder wie Berlin dies ignorierten, halte er das für einen „klaren Rechtsbruch“.