Ein kleiner Junge fährt auf einem Spielzeug-Trabant am Original vorbei. Foto: dpa

Vor 60 Jahren lief in Zwickau erstmals ein Kleinwagen des Typs P 50 vom Band. Unter dem Namen Trabant wurde das Auto begehrt, belächelt – und berühmt. Ein Geburtstagsgruß an die knatternde DDR-Ikone.

Zwickau - „Welches Automodell belegte bei der Rallye Monte Carlo 1970 die Plätze eins und zwei?“ Wäre das die Eine-Million-Frage bei „Wer wird Millionär“, bräuchte man wohl einen ostdeutschen Motorsportkenner als Joker. Die Antwort lautet: ein Trabant. Gut, die Rennpappen errangen den Doppelsieg in der Klasse bis 850 Kubikzentimeter Hubraum, aber Triumph ist Triumph. Und mal ehrlich: Wer hätte so etwas ausgerechnet den Zweitakt-Zwergen aus Zwickau zugetraut?

Genau 60 Jahre ist es jetzt her, dass der Trabbi, der zeitweise sogar im Rennsport reüssierte, auf die Autowelt kaum. Ursprünglich sollte das Wägelchen die Massenmotorisierung in der DDR in Gang bringen. Doch rasch wurde es von der Entwicklung abgehängt und fiel bald nur noch durch absurde Lieferfristen von zehn Jahren und mehr auf. Als 1989 die Berliner Mauer geöffnet wurde, steuerten knatternde Trabbis die graublauen Abgas-Freudenfähnchen bei. Das Auto ist seither beides: Symbol der untergegangenen Planwirtschaft und Ikone der Wiedervereinigung.

An solche Wenden der Geschichte dachte selbstverständlich niemand, als in der DDR Mitte der 1950er Jahren über ein „Kraftfahrzeug für die Motorisierung der werktätigen Bevölkerung“ nachgedacht wurde. Beim Klassenfeind, also in der Bundesrepublik, kam das Wirtschaftswunder mit Autos wie dem VW Käfer, dem Lloyd 300 oder dem Opel Olympia allmählich in Fahrt. In der DDR hingegen fehlte ein vergleichbares Angebot bis 1957. Da zeigte der VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau auf der Messe in Leipzig das Modell P 50. Der Kleinwagen war beinahe so geraten, wie er vom Präsidium des Ministerrats der DDR gefordert worden war: viersitzig, höchstens 600 Kilogramm schwer, mit 5,5 Liter Benzinverbrauch auf 100 Kilometer und zu einem Preis von 4000 DDR-Mark. Während die ersten beiden Forderungen erfüllt werden konnten, lag der Durchschnittsverbrauch laut Prospekt bei 6,8 Liter und der Preis bei 8360 DDR-Mark. Das ließ sich allerdings verschmerzen, denn endlich gab es überhaupt ein Automobil auf „Weltniveau“, wie damals allenthalben betont wurde.

„Trabant“ klang fortschrittlich und modern

Der P 50 hatte sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Weil Tiefziehblech auf der Embargoliste der westlichen Länder stand, musste ein Alternativmaterial für die Karosserie her: Duroplast. Der Kunststoff war eine Erfindung des Diplom-Ingenieurs Wolfgang Barthel und bestand aus Phenolharz und Baumwollresten. Vorne unter der Duroplast-Karosserie, die auf einem Stahlskelett befestigt war, saß ein luftgekühlter Zweitaktmotor mit einer Leistung von 18 PS. Maximal 90 km/h waren möglich.

Weil P 50 so bürokratisch-verstaubt klang, wurde zur Findung eines eingängigeren Namens ein Preisausschreiben veranstaltet. Es gewann der Vorschlag „Trabant“, das klang damals fortschrittlich und modern, hatte doch die Sowjetunion kurz zuvor den ersten Satelliten namens „Sputnik“ (deutsch: Trabant) in eine Umlaufbahn geschossen.

In den Anfangsjahren wurde der Trabant stetig weiterentwickelt und verändert. Es gab eine Variante mit Chromzierleisten und es wurden Modelle mit Zwei- und sogar Dreifarblackierung angeboten. Zwei Jahre nach Produktionsstart debütierte das Modell P 500, dessen Motor 20 PS leistete und von dem es auch eine Kombi-Version gab, die später den Namen Trabant Universal trug. Der P 500 wurde in 14 Farben angeboten, darunter „Rosenbeige“, „Damastgrün“ sowie „Marmorweiß mit Silbergrau“.

Temperamentvoll, Rasant, Ausdauernd, Bequem, Ansprechend

1963 folgte der Trabant P 60, ein Jahr später sodann der P 601, ein Auto mit kantiger Linienführung, einer um 18 Zentimeter längeren Karosserie und jenen typischen angedeuteten Heckflossen, die den Wagen bis zu seinem Produktionsende begleiteten. Wer heute an einen Trabbi denkt, hat den Typ P 601 vor Augen. Eine Werbeplakat für Kunden in Westdeutschland buchstabierte den Namen Trabant so: „Temperamentvoll, Rasant, Ausdauernd, Bequem, Ansprechend. Na, Sie wissen schon, Trabant 601.“

Zunächst wurde beim VEB Sachsenring mit einer Produktion des Trabant bis 1967 geplant, dann sollte ein Nachfolgemodell auf den Markt kommen. Doch dazu kam es nie. Stattdessen flossen ab und zu kleine Verbesserungen in das bestehende Modell ein. Ab 1977 beispielsweise eine elektrische Scheibenwaschanlage, ab 1980 eine Zweikreis-Bremsanlage und ab 1984 wurde die Bordelektronik auf 12 Volt umgestellt. Dennoch war unübersehbar, dass der Trabant technisch wie optisch der restlichen Automobilwelt weit hinterher zuckelte.

1989 dann wurde das Auto sozusagen von der Geschichte überholt. Die Grenzöffnung zum Westen war gleichbedeutend mit dem Aus des Trabis, der einst als „Rennpappe“ Rallye-Geschichte geschrieben hatte und dem sogar ein Denkmal gesetzt wurde, aus Sandstein, in Zwickau. Aber das ist auch schon wieder 19 Jahre her. Das Erbe des DDR-Autos nützt der Wirtschaft Ostdeutschlands nach Expertensicht aber noch immer. Autobauer wie VW hätten sich nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern angesiedelt, weil es dort ausgebildete Fachkräfte gab, so Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter des Ifo-Instituts in Dresden. „Das Personal war das entscheidende Argument.“

Die Geschichte des Trabants

Start: Am 7. November 1957 begann beim VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickaus die Fertigung der Vorserie des Kleinwagens P 50; die Serienproduktion lief im August 1958 an.

Produktion: Der Kleinwagen mit Frontantrieb und Zweizylinder-Zweitaktmotor war einfach konstruiert, entsprach aber der üblichen Technik der Zeit. Mit dem Trabant P 601 erhielt die schlichte Konstruktion ab 1964 auch eine – zumindest vorübergehend – moderne Verpackung.

Ende: Seinen ursprünglichen Zweck, die Massenmotorisierung der DDR-Bevölkerung, erfüllte der Trabant nie. Das lag vor allem an der Duroplast-Karosserie. Die hatte den Kleinwagen zwar erst möglich gemacht, verhinderte jedoch zugleich die benötigten Stückzahlen: Duroplast wird bei 170 Grad Celsius in Form gebracht, muss dann aber 20 Minuten auskühlen, ehe es weiter verarbeitet werden kann. Dies hemmte die Produktion enorm. Bis zum Produktionsende des Trabants am 30. April 1991 wurden 3 051 485 Exemplare gebaut. Aktuell sind noch rund 34 500 „Rennpappen“ in Deutschland zugelassenen.